Ge-25 Überarbeitung des niedersächsischen Erlasses zur Genehmigung von Tiertransporten in Drittländer

Status:
Erledigt

Die SPD-Landtagstagsfraktion wird aufgefordert, eine Überarbeitung des Erlasses zur Genehmigung von Tiertransporten in Drittländer vorzunehmen mit der Zielsetzung, die Vorschriften der EU-TiertransportVO eng auszulegen inkl. einer Definition des Begriffs „Verwendung zu Zuchtzwecken“ sowie Vorlagepflicht entsprechender Nachweise sowie die Zuständigkeit für die Genehmigung dieser Transporte an das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz (LAVES) zu übertragen. 

Begründung:

Bei Anwendung und Vollzug der EU-Tiertransportverordnung (VO (EG) Nr. 1/2005) durch die Bundesländer bzw. die Veterinärbehörden werden unzulässigerweise höchst unterschiedliche Maßstäbe in den einzelnen Ländern gesetzt. Dadurch bedingt entstehen „Schlupflöcher“, u. a. in Niedersachsen, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen, die die Abfertigung der Transporte in Drittländer leider immer wieder ermöglichen. Die beteiligten Veterinärämter stehen stark in der Kritik, siehe z.B. https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Fragwuerdige-Rindertransporte-Was-wissen-Aufsichtsbehoerden,rindertransport102.html   

Hier könnte ein grundsätzliches Problem in der Nähe der abfertigenden Veterinärämter zu den antragsstellenden Betrieben bestehen. Die Veterinärämter sind dem Landrat unterstellt. Dieser ist ein politischer Beamter, der alle Aspekte in seinem Landkreis, insbesondere in ländlich geprägten Gebieten, zu berücksichtigen hat. Aufschlussreich die Aussage des VOST-Geschäftsführers Cord-Hinnerk Thies in der Ostfriesen Zeitung am 13.01.2023: „Im Zweifel kann es auch sein, dass wir bei verwehrten Transporten gegen die Veterinärämter, mit denen wir seit sehr Langem gut zusammenarbeiten, klagen müssen – was wir eigentlich gar nicht wollen.“  

Auch wird in zunehmendem Maß über andere EU-Mitgliedstaaten, insbesondere Ungarn, der Tschechei und Litauen, in Drittländer abgefertigt und so sogar weite Umwege für die Tiere in Kauf genommen.  

Im April 2022 hatte die Agrarminister:innnenkonferenz die Bundesregierung aufgefordert, unabhängig von der EU ein Exportverbot für lebende Tiere in bestimmte Drittländer einzuführen (TOP 32). Zudem wird der Bund aufgefordert, sich für die zeitnahe Überarbeitung der EU-Tiertransportverordnung einzusetzen und dabei insbesondere Tiertransporte in Drittländer in den Fokus zu nehmen.  

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in einem Beschluss vom 26. Mai 2021 ausgeführt, dass dem BMEL eine Regelung für ein nationales Transportverbot in bestimmte Drittländer durch Rechtsverordnung aufgrund § 12 Abs. 2 Nr. 3 Tierschutzgesetz möglich sei (Beschluss vom 26. Mai 2021, Az. 11 ME 117/21). Zu diesem Ergebnis kommt auch ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungs- und Gutachterdiensts des Landtags Nordrhein-Westfalen vom 8. Februar 2021 (Information 17/298). 

Danach ist ein Verbot des Exports lebender Tiere in bestimmte Drittländer durch Erlass einer Verordnung auf Grundlage der Ermächtigung des § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Tierschutzgesetz möglich. 

Ein weiteres Rechtsgutachten, abrufbar unter https://media.4- paws.org/7/8/a/b/78ab83eed5646e9496d851cb1fa249013556e6b5/VIERPFOTEN_R echtsgutachten_Tiertransporte_in_Drittstaaten_2021.pdf kommt zu dem gleichen Schluss.  

Auch der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz des Bundesrates hatte am 11. Juni 2021 (Nr. 7b der Drucksache 394/1/21) empfohlen, ein nationales Exportverbot in der Tierschutz-Transportverordnung zu implementieren: https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2021/0301-0400/394-1- 21.pdf?__blob=publicationFile&v=1  

Ein Exportverbot für lebende Tiere in bestimmte Drittstaaten ist neben den mittlerweile häufig dokumentierten Verstößen gegen EU-Tierschutzrecht während und nach dem Transport (siehe z. B. verschiedene Studien für den ANIT-Ausschuss des Europäischen Parlaments zum Transport von Tieren in Drittländer) https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document/IPOL_STU(2021)690877  

und zum Transport von Tieren in Schiffen – https://www.europarl.europa.eu/thinktank/en/document/IPOL_STU(2021)690876  

und 

https://www.europarl.europa.eu/committees/en/anit/events/events-hearings 

wie folgt zu begründen:  

  • Vor der Kernaussage des Artikels 3 der EU-Tierschutztransportverordnung, wonach Tierbeförderungen nicht durchgeführt werden dürfen, wenn Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten, ist jegliche Abfertigung von Tiertransporten in Tierschutz-Hochrisikostaaten als rechtswidrig anzusehen.  
  • Die Tiere sind weder während des Transports noch bei der Haltung oder der Schlachtung in diesen Staaten durch ein nachgewiesenes, eigenständiges, vollziehbares oder vollzogenes Tierschutzrecht vor Schmerzen, unnötigen Leiden oder Schäden geschützt.  
  • Die Bestimmungen der EU-Tierschutztransportverordnung, der EU-Kontrollstellenverordnung (VO (EG) Nr. 1255/97) und der neuen EU-Kontrollverordnung (VO (EU) Nr. 2017/625) sind durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten in den Drittländern entgegen der Urteile des EuGH (Rs. 424/13 und 383/16) nicht überwachbar und damit nicht vollziehbar. 
  • Selbst amtliche Zulassungen von Kontrollstellen (Ruheorte für Tiere) in Drittländern, z. B. in Russland, stellen weder eine tierschutz- und verordnungskonforme Eignung und Ausstattung noch den entsprechenden Betrieb nachprüfbar sicher.
  • Tierexporte, die eine zwischengeschaltete Schiffspassage und den damit verbundenen Wechsel des Transportmittels enthalten, werden durch die Behörden der Mitgliedstaaten entgegen den Bestimmungen geltenden Rechts abgefertigt, da die im Fahrtenbuch und im TRACES-Dokument festgelegte Sendung bereits im EU-Ausgangshafen aufgelöst und im Drittlandshafen für einen nachfolgenden Straßentransport neu zusammengestellt wird. Eine Sendungsverfolgung bis zum Bestimmungsort ist unmöglich. Es wird nicht einmal sichergestellt, dass der aufgeführte Bestimmungsort überhaupt erreicht wird. Oft werden als Bestimmungsort Häfen oder Hafenanlagen in die von dem Veterinäramt zu genehmigende Transportplanung eingetragen. Diese sind aber kein Bestimmungsort. Entsprechende Eintragungen und Bestätigungen im Fahrtenbuch sind Dokumentenfälschungen.
  • Aus Deutschland werden mittlerweile ausschließlich tragende, junge Zuchtrinder zum behaupteten Aufbau einer Milchviehpopulation in Drittländer exportiert. Die Verwendung dieser Tiere zu Zuchtzwecken (Aufzucht des im Drittland geborenen Kalbes, Wiederbelegung der Mutterkuh zur Erzeugung weiterer Nachkommen) wird jedoch in keinem Fall nachgewiesen. Möglicherweise existierende Zuchtbetriebe werden in den Transportdokumenten nicht als Bestimmungsort angeführt. In diesen Ländern herrscht in der Regel eine ausgeprägte Futtermittelknappheit, die eine bedarfs- und wiederkäuergerechte Fütterung der deutschen Hochleistungstiere erheblich und tierschutzrelevant erschwert bzw. einschränkt und eine Futterkonkurrenz zwischen Milcherzeugung und Nachzucht verursacht. Zudem leiden deutsche Hochleistungskühe unter den klimatischen Bedingungen in den meisten Drittländern. Die Tiere sind nicht an die teilweise sehr hohen Temperaturen angepasst und es mangelt in den Zielländern neben der Futterversorgung auch an der nötigen Wasserversorgung. Eine laktierende Kuh benötigt bei Temperaturen von 40-45 Grad Celsius, wie sie bspw. in Marokko und Ägypten während der heißen Monate herrschen, bis zu 200 Liter Wasser am Tag. Diese Wassermengen sind auf den Betrieben in diesen Ländern schlicht nicht vorhanden. Eine leistungsfähige, sich selbst erhaltende und nachhaltig geführte Milchrindpopulation ist in diesen Ländern (außer Israel), trotz jahrzehntelanger Importe von Hochleistungsrindern zu Zuchtzwecken nur in Einzelfällen vorhanden. Die jährlichen Statistiken des IFCN Dairy Research Networks (https://ifcndairy.org/) weisen in vielen Bestimmungsländern deutscher Rinderexporte eine, wenn überhaupt, marginale Entwicklung der Milchleistung auf Einzeltier- und Populationsebene in den letzten etwa 20 Jahren nach, und auch das nur mit großen jährlichen Schwankungen. Ein Zuchtfortschritt ist z. B. in der mittleren Laktationsleistung (Marokko: etwa 1000 kg/Rind/Jahr, Ägypten: 2000 kg, Usbekistan: unter 2000 kg) nicht erfolgt. In einigen Ländern, wie z. B. Marokko, Ägypten oder dem Libanon, sind in den letzten Jahren negative Entwicklungen in der Milcherzeugung, der mittleren Laktationsleistung, den Bestandsgrößen und den Bestandszahlen zu verzeichnen. Hieraus ist ablesbar, dass der Fleischmarkt in diesen Ländern eine größere Bedeutung hat als der heimische Milchmarkt, der zudem häufig durch die Tourismusindustrie getrieben sein dürfte.
    Empfehlung der Antragskommission:
    Erledigt
    Version der Antragskommission:

    Erledigt durch Koalitionsvertrag Land (S. 42 f.)