I-5 Stoppt den kulturellen Genozid! Klare Haltung gegen Chinas Umerziehungslager!

Status:
Erledigt

Mit den China Cables konnte das Internationale Netzwerk investigativer Journalist*innen beweisen, was schon länger vermutet wurde: In der Volksrepublik China wird mit einem staatlichen Lagersystem gegen die Uigur*innen und andere muslimische Minderheiten vorgangen. Menschen werden ununterbrochen in ihrem Privatleben überwacht, mit Algorithmen bewertet und bei einem negativen Ergebnis in Umerziehungslager interniert. Schätzungen gehen davon aus, dass bis zu eine Million Menschen in diesen Lagern festgehalten und indoktriniert werden. Zudem werden uigurische Frauen zwangssterilisiert, was einen Einbruch der uigurischen Bevölkerung zur Folge hat. 

Der chinesische Überwachungsstaat zeigt sich in den Umerziehungslagern unbestreitbar von seiner menschenverachtenden Seite. Menschen wird die Freiheit geraubt, weil sie religiös sind, weil sie Bärte tragen, weil sie zu oft die Hintertür ihres Hauses benutzen oder eine App auf ihrem Smartphone haben, die sie an Gebetszeiten erinnert. Expert*innen kommen auf Basis der China Cables, die Geheimdokumente der chinesischen Regierung umfassen, zu einem klaren Ergebnis: Das Ziel der chinesischen Regierung ist ein kultureller Genozid. Die uigurische Kultur soll gewaltsam ausgelöscht werden. Die chinesische Politik gegen die Uigur*innen ist jedoch nicht nur deshalb so schockierend, weil sie auf einer menschenverachtenden Homogenisierungsideologie fußt, sondern weil sie tatsächlich auch die Mittel hat, um dieses Ziel zu erreichen. Dazu gehören vor allem die technischen Mittel, die eine nahezu uneingeschränkte Überwachung ermöglichen. 

Anlässlich des 100. Geburtstages der kommunistischen Partei im Juli erschien im März der chinesische Propagandafilm “The Wings of Songs”. Er handelt davon, wie glücklich die Uiguren imvereinigten China sind. Die Provinz Xinjiang wird in ein idyllisches Paradies verwandelt. Völkermord, Zwangsarbeit und Umerziehungslager werden hier nicht thematisiert. Chinesische Kinos sind dazu verpflichtet zwei Mal wöchentlich Propagandafilme auszustrahlen. Dabei müssen die Kinosäle gut gefüllt sein. Auf viele Chines*innen wird daher Druck ausgeübt ins Kino zu gehen und sich diese Filme anzuschauen. Der Film kann auch auf Youtube frei angeschaut werden. Daher fordern wir: 

  • es muss eine Aufklärungskampagne geben, die über die regelmäßige Berichterstattung in Nachrichten hinausgeht und einen Gegenpol zu der chinesischen Propaganda darstellt. 

Wo ist die Weltgemeinschaft? Sie hat weggeschaut. 

Obwohl die Offensive Pekings gegen die uigurische Minderheit bereits immer wieder diskutiert wurde, hat erst die Veröffentlichung der China Cables eine neue Dynamik in die Debatte um den staatlichen Terror Chinas gegen seine Bevölkerung gebracht. Dabei konnte es sogar Laien gelingen, die Lagerstrukturen zu erkennen: Sie waren bei Google Maps in Satellitenaufnahmen erkennbar. Es muss also davon ausgegangen werden, dass westliche Geheimdienste absichtlich weggeschaut haben. 

Deutsche und europäische Verantwortung 

Auch Deutschland trägt hier Verantwortung: Die deutsche Bundesregierung hat die Internierung einer Million Menschen ignoriert. Obwohl China nicht nur ein souveräner, sondern auch ein militärisch und ökonomisch mächtiger Staat ist, ist China kein unabhängiger Kosmos, der die Meinung der Weltgemeinschaft und anderer Wirtschaftsmächte ignorieren kann. Deutschlands Politik direkt gegenüber China, in der EU und in den Vereinten Nationen hat Einfluss auf die chinesische Politik. Diesen Einfluss gilt es zu nutzen. 

Wir fordern… 

  • dass unabhängige internationale Beobachter*innen Zugang zu den Lagern in Xinjiang erhalten 
  • dass die deutsche Bundesregierung und der deutsche Bundestag den kulturellen Genozid als solchen benennen und verurteilen 
  • dass sich die Bundesregierung auf europäischer Ebene für eine wertegebundene Handelspolitik gegenüber China einsetzt. Das heißt: Das Ende des Lagersystems fordern und diesen Forderungen notfalls auch mit Sanktionen Nachdruck verleihen! 
  • die Europäische Union die Regeln für den Export von Dual-Use-Gütern, insbesondere von Informationstechnologie, die zur Überwachung verwendet werden kann, deutlich verschärft. Hierauf muss Deutschland in seiner EU-Ratspräsidentschaft 2020 hinwirken.  
  • umfassende Sanktionierung von Unternehmen und Einzelpersonen, die sich an der Internierung oder Überwachung beteiligen. Das gilt auch für deutsche Unternehmen. 
  • eine neue Strategie im Umgang mit der chinesischen Diktatur. Das muss auch den Umgang mit chinesischen Konzernen wie beispielsweise Huawei betreffen. 

     Deutschland und Europa dürfen nicht aus ökonomischem Eigeninteresse die Augen vor dem Gulag-System verschließen, das in China herrscht! 

    Solidarität mit Tashpolat Tiyip 

    Tashpolat Tiyip ist Geograph und war Präsident der Xingjiang-Universität in Ürümqi. Auf dem Weg nach Deutschland zu einem Treffen mit Kollaborationspartnern am Leibniz Institut für Angewandte Geophysik in Hannover verschwand er plötzlich spurlos. Sechs Monate später wurde ihm in einem chinesischen Propaganda-Video vorgeworfen, die Köpfe der Student*innen zu vergiften, weil er zu viele uigurische Quellen verwendet habe. Im Video wird auch das Strafmaß verkündet: der Tod. Dieses Beispiel zeigt nicht nur die Absurdität und Willkür der Vorwürfe, die die chinesische Regierung erhebt. Es zeigt auch, dass die Deportationen selbst hier in Hannover noch spürbar sind. Menschen, mit denen man eben noch zusammengearbeitet hat, werden plötzlich verschleppt – für immer, wie zu befürchten steht.

    Wir solidarisieren uns deshalb mit Tashpolat Tiyip und anderen Wissenschaftler*innen, die vom chinesischen Staat terrorisiert werden, weil sie nicht bereit sind die Existenz der Uigur*innen in ihrer wissenschaftlichen Arbeit zu leugnen! 

    Niedersächsische Verantwortung 

    In der autonomen Region Xingjiang, in der sich die Umerziehungslager befinden, ist auch ein niedersächsischer Autohersteller präsent: Volkswagen unterhält in Urumqi ein Werk in erzwungener Kooperation mit einem chinesischen Hersteller. Das Werk in der abgelegenen Provinz ist wirtschaftlich kaum rentabel, dafür aber Teil eines Deals mit der chinesischen Regierung. Das Werk in Urumqi ist der Preis für profitable Werke an der chinesischen Ostküste. Volkswagen befindet sich damit räumlich in unmittelbarer Nähe zur Verfolgung und Internierung der Uigur*innen, hat bis vor kurzem jedoch geleugnet, Kenntnis von einer solchen Politik zu haben. Das hatte beispielsweise der VW-Chef Heribert Diess noch im April bei der Shanghaier Automesse behauptet. Der ehemalige Konzernchef Winterkorn teilte Menschenrechtler*innen sogar mit, dass er von solchen Vorwürfen nichts wissen wolle. Dabei sind ein Viertel der Mitarbeiter*innen im Werk Angehörige von Minderheiten, ein Achtel sollen Uigur*innen sein. Dabei die chinesische Politik zu übersehen, erfordert schon sehr viel Entschlossenheit. Es bleibt die bittere Erkenntnis: Menschen werden in Lager gesperrt und ein niedersächsischer Konzern verschließt davor die Augen.  

    Internationalen Beobachter*innen zufolge, ist es faktisch nicht möglich in Xinjiang zu produzieren ohne Zwangsarbeit von Uiguren zu unterstützen. Die USA, Kanada und Großbritannien haben bereits Importstopps oder ein “Gesetz zur Verhinderung uigurischer Zwangsarbeit auf den Weg gebracht, die EU hat 2020 eine Resolution verabschiedet, in der sie die Zwangsarbeit verurteilt. 

    Doch VW schaut nicht nur weg. Der Konzern ist auch eine Kooperation mit der Bewaffneten Volkspolizei eingegangen. Diese paramilitärische Organisation ist der maßgeblich durchführende Akteur hinter den willkürlichen Verhaftungen, den Lagern und der Zwangsarbeit. Das Abkommen sieht laut chinesischen Medienberichten militärisches Training und patriotische Erziehung für neue Werksmitarbeiter*innen vor. VW bestreitet lediglich, dass militärisches Training stattgefunden hat. Das Abkommen selbst nicht. Damit hat sich der Konzern nicht nur unwissend gestellt, sondern die Politik gegen Minderheiten in China aktiv unterstützt. Von einem Unternehmen, das sich in seinen Verhaltensgrundsätzen gegen Menschenrechtsverletzungen stark macht, ist mehr zu erwarten. Von einem Unternehmen, das eine Erinnerungsstätte an die Zwangsarbeit bei VW während des Nationalsozialismus unterhält, ganz besonders. 

    Daher fordern wir: 

    • dass Firmen, die in Xinjiang produzieren, ihre Produktionsstätten auf andere Standorte verlagern ansonsten dürfen ihre Produkte nicht mehr in Deutschland verkauft werden 
    • dass Firmen die weiterhin in Xinjiang produzieren explizit nachweisen müssen, dass ihre Ware nicht mit Hilfe von Zwangsarbeit hergestellt wurde, z.B. durch unabhängige Beobachter*innen 
    • deutsche Firmen keineWare von chinesischen Zulieferern erhalten, wenn diese im Zusammenhang mit Zwangsarbeit von Uiguren stehen 

    VW aber ist kein Unternehmen wie jedes andere auch. VW ist durch das gleichnamige Gesetz erheblich mit dem Land Niedersachsen verflochten, das 20,2 Prozent der Aktien und damit eine Sperrminorität im Aufsichtsrat hält. Ministerpräsident Stephan Weil ist qua Amt Mitglied des VW-Aufsichtsrats. VW ist einer der wenigen Fälle, wo die Politik unmittelbaren Einfluss auf das wirtschaftliche Agieren eines Großkonzerns nehmen kann. 

    Deshalb fordern wir die niedersächsische Landesregierung und den Ministerpräsidenten auf, Konsequenzen aus den Enthüllungen der China Cables zu ziehen und die Beteiligung von Volkswagen an der menschenverachtenden chinesischen Politik nicht länger zu dulden! Die Vertuschung muss aufhören, die Beteiligung des Konzerns muss systematisch aufgearbeitet werden und die Kooperation mit der Bewaffneten Volkspolizei beendet werden! Der kulturelle Genozid in China muss gestoppt werden. 

     

    Empfehlung der Antragskommission:
    Erledigt
    Version der Antragskommission:

    Erledigt durch Beschlussfassung des ordentlichen Bundesparteitages 2019.

    Antragsbereich Ini/ Antrag 17: Kein „WeiterSo“ in unserer Politik mit China, überwiesen an Kommission Internationale Politik

    https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Bundesparteitag/201912_Beschlussbuch_BPT.pdf, Seite 155 f., abgerufen: 17. September 2021, Se