Die SPD im Bezirk Hannover erteilt den Märchen der Union, die gesetzliche Rentenversicherung stehe vor dem Kollaps und sei nicht mehr finanzierbar, eine klare Absage.
Wir bekräftigen:
1. Die gesetzliche Rente ist sicher und finanzierbar. Die Rentenausgaben liegen im Verhältnis zur deutschen Wirtschaftskraft gemessen am Bruttoinlandsprodukt bei zuletzt unter zehn Prozent und sind in den letzten Jahrzehnten sogar – bezogen auf dieses Verhältnis – gesunken. Folglich kann von einer „untragbaren Kostenexplosion” absolut keine Rede sein.
2. Die gesetzliche Rente ist der privaten Vorsorge überlegen. Sie ist solidarisch, demokratisch legitimiert, stabil, paritätisch finanziert, flexibel und fair. Private Vorsorge kann keine so hohe und verlässliche Absicherung bieten. Private Altersvorsorge wird in der Regel nicht paritätisch finanziert und verschiebt das Risiko auf Einzelne. Menschenmit geringem Einkommen haben wenig Möglichkeiten für eine auskömmliche private Altersvorsorge.
3. Bundeszuschüsse stabilisieren und sichern beitragsfremde Leistungen ab. Die Mittel des Bundes sind in Teilen kein Defizitausgleich für das gesetzliche Rentensystem, sondern dienen der Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben wie Kindererziehungszeiten, der Witwenrente und der Beitragsstabilisierung.
4. Reformen müssen an sozialen Zielen ausgerichtet sein. Für uns Sozialdemokrat*innen gilt: Zuerst müssen die Ziele der Rentenreformen klar benannt werden: Lebensstandardsicherung, sozialer Ausgleich, Armutsbekämpfung, Gleichbehandlung und Umverteilung. Erst im zweiten Schritt dürfen Finanzierungsfragen beantwortet werden. Finanzpolitik folgt der Sozialpolitik, nicht umgekehrt.
5. Eine ehrliche R eformdebatte braucht klare Leitfragen: Dabei müssen grundlegende Fragen beantwortet werden: Wer erhält welche Leistungen, ab wann und in welcher Höhe? Nach welchen Maßstäben sollen Renten künftig angepasst werden? Ziel bleibt dabei die Lebensstandardsicherung. Ebenso gilt es, ein stabiles Mindestniveau zu sichern und durch zielgerichteten sozialen Ausgleich mehr Gerechtigkeit herzustellen. Auf der anderen Seite muss für die Arbeitnehmer*innen eine zu hohe Abgabenlast verhindert werden und der Beitragssatz angemessen sein. Auch bei der Frühverrentung muss geprüft werden, wie faire Übergänge gestaltet werden können. Schließlich ist zu entscheiden, welche Personengruppen in die gesetzliche Rente einzubeziehen sind – etwa Selbständige, Beamt*innen oder Minijobber*innen – um eine gerechte Erwerbstätigenversicherung zu schaffen.
6. Kapitaldeckung ist kein Allheilmittel. Sie löst die demografische Herausforderungen der Zukunft nicht, sondern schafft neue Unsicherheiten. Die Verteilungsfrage bleibt intransparent, die Renditen sind je nach Ausgestaltung allenfalls bei langfristiger Anlage gesichert und internationale Kapitalmärkte sind kein verlässlicher Rettungsanker wie das Umlagesystem.
7. Arbeitsmarkt und Produktivität sind zentral. Eine starke gesetzliche Rente braucht gute Arbeit, hohe Beschäftigungsquoten und gerechte Löhne. Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik müssen immer gemeinsam mit der Rentenpolitik gedacht werden.
8. Internationale Beispiele können den Weg für Reformen aufzeigen. Österreich zeigt, dass ein höheres Rentenniveau möglich ist, wenn die Gesellschaft bereit ist, stärker umzuverteilen. Dort wird das Umlagesystem durch eine breite Einbeziehung und klare sozialpolitische Zielsetzungen gestärkt. Aber das österreichische Modell kann nicht eins zu eins auf Deutschland übertragen werden. Schweden hingegen verdeutlicht die Risiken eines zu starken Kapitaldeckungsmodells, das die demografischen Lasten einseitig auf die Rentner*innen verlagert und immer wieder politische Korrekturen erforderlich macht. Für Deutschland ist daher klar: Unser Weg muss die Stärkung des solidarischen Umlagesystems mit der gesetzlichen Altersrente und der betrieblichen Altersvorsorge sein – nicht die Abkehr davon.
9. Die SPD bekennt sich klar zum Umlagesystem. Wir treten für dessen Weiterentwicklung in Richtung einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung ein und weisen den Krisendiskurs entschieden zurück.
Der Bezirksparteitag fordert die SPD-Bundestagsfraktion auf, diese Leitlinien in der aktuellen rentenpolitischen Debatte klar zu vertreten und die Erzählung vom Kollaps der Rente entschieden zurückzuweisen.