GS-05 Kinderwünsche endlich erfüllen: Für eine zeitgemäße Reproduktionsmedizin

Status:
Erledigt
  • Die Legalisierung des eSET- Verfahrens (elektiver Single Embryo Transfer) unter entsprechender Änderung des Embryonenschutzgesetzes. Embryonen dürfen dann über die Vorkernbildung hinaus konserviert werden. 
  • Die Konservierung potentieller Embryonen als Spende ermöglichen 
  • Eizellen dürfen grundsätzlich auch an andere Personen gespendet werden mit der Einführung notwendiger Gesetze und Verordnungen, die das Risiko der Ausbeutung minimieren. 
  • Eine gleiche finanzielle Unterstützung für alle Menschen mit Kinderwunsch, unabhängig von ihrem Familienstand 
  • Die Legalisierung der Leihmutterschaft zu Bedingungen, die die rechtliche und gesundheitliche Sicherheit aller Beteiligten gewährleisten. Dazu zählen klare Regelungen, wie die Elternschaft übertragen wird, wie häufig eine Leihmutterschaft stattfinden kann und wie die Leihmütter finanziell zu entschädigen sind. Die Leihmutterschaft sollte sich nicht auf eine rein altruistische Form beschränken, sondern die Leihmutter für die finanziellen Ausfälle sowie für die gesundheitlichen Belastungen und Risiken der Schwangerschaft angemessen entschädigen.
  • Die enge Begleitung durch eine Aufsichtsbehörde und/oder einen Ethikrat.
  • Reproduktionsmedizinische Behandlungen, einschließlich der Eizellspende und Leihmutterschaft, sind als Kassenleistungen einzustufen. 
    Begründung:

    Reproduktive Selbstbestimmung bezieht sich nicht nur auf die persönliche Entscheidung eine Schwangerschaft abzubrechen, sondern ebenso darauf, eine Schwangerschaft oder einen Kinderwunsch zu ermöglichen. Für viele Menschen ist es sowohl aus biologischen Gründen oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht möglich, auf natürlichem Wege ein Kind zu zeugen. Genau für diese Fälle gibt es die Reproduktionsmedizin. Diese ermöglicht aktuell eine künstliche Befruchtung durch verschiedene Verfahren. Die meist angewandte Methode ist die sogenannte In-vitro Fertilisation (IVF), bei der nach einer hormonellen Stimulation einer Person mit Uterus die heranreifende Eizelle (korrekt: Eibläschen) entnommen und im Labor unter geeigneten Bedingungen mit einer Vielzahl von Samenzellen (Spermien) zusammengebracht. Hier bildet sich dann wie bei einer natürlichen Befruchtung eine befruchtete Eizelle, welche dann in den Uterus eingesetzt wird. Hier muss auf natürlichem Wege die Einnistung geschehen, damit eine Schwangerschaft besteht. Dies ist nur möglich, wenn die Spermienqualität stimmt. Ist dies nicht der Fall, oder kann eine Samenspende in Betracht gezogen werden. Lesbische Paare greifen ebenfalls häufig auf diese Methode zurück. Ist eine Schwangerschaft aufgrund der mangelnden oder fehlenden Bildung von Eizellen nicht möglich, ist umgekehrt eine Eizellspende in Deutschland nicht möglich, da diese ins Embryonenschutzgesetzt eingreift, obwohl es das Pendant zur männlichen Samenspende darstellt. Von hier an zeigt sich, warum das Embryonenschutzgesetz erneuert werden muss. Die Regulierungen greifen hier viel stärker bei Menschen mit Uterus ein als bei Menschen ohne, obwohl es sich um eine Keimzelle handelt. Auch wenn die Entnahme von Eizellen aufwändiger und körperlich belastender ist, sollte jede*r dies selbst entscheiden können.  

    Genau wie bei der Samenspende besteht auch bei einer Eizellspende eine biologische Verwandtschaft zu der/dem Spender*in. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass das Recht über das Wissen über die eigene Abstammung für Kinder, die auf diese Weise gezeugt wurden, in diesem Zuge auch gestärkt und anerkannt werden muss.  

    Eizellen dürfen nach aktuellem Stand nur empfangen werden, wenn sie selbst gespendet wurden. Fremde Eizellen dürfen nicht in den Uterus eingesetzt werden. Ein Weg ist dann, sich gespendete Eizellen im Ausland, beispielsweise Belgien, Tschechien oder Österreich einsetzen zu lassen, wenn die finanziellen Mittel von 5000-7000 Euro zur Verfügung stehen. Dabei wird das Thema Kinderwunsch dann zu einem, was sich nur Menschen mit gutem Einkommen leisten können und unseren sozialdemokratischen Werten komplett widerspricht. Ob Menschen ein Kind bekommen können oder nicht, sollte definitiv nicht am Geldbeutel entschieden werden. Bei der Argumentation gegen die Eizellspende fällt oftmals das Argument der finanziellen Ausbeutung von der spendenden Person. Genauso wie bei der Leihmutterschaft ist hier jedoch anzuführen, dass mit einer Legalisierung eine umfangreiche Regulierung der Auswahl der spendenden Person erfolgen muss.

    Ein weiteres Problem tritt auf, da in Deutschland das eSET Verfahren verboten ist. Dies sorgt dafür, dass statt bis zu drei theoretisch befruchtete Eizellen in den Uterus eingesetzt werden, eine ausgewählte Eizelle eingesetzt wird. Dafür wird nicht direkt nach der Befruchtung die Eizelle eingesetzt, sondern die Embryonen zunächst beobachtet. Die Eizelle, welche sich am besten entwickelt, wird dann eingesetzt. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft ist ähnlich oder sogar leicht höher da die Qualität des Embryos höher ist und die Tendenz zu Mehrlingsgeburten sinkt deutlich. In Ländern (Großbritannien, Schweden, Belgien) in denen eSET legal ist, sind die Mehrlingsraten deutlich geringer. Zwillings- und Mehrlingsschwangerschaften belasten überdies die Frau und bedeuten für Feten bzw. für Kinder nach der Geburt die Gefahr von Schädigungen, insbesondere aufgrund der höheren Wahrscheinlichkeit für eine Frühgeburt bei Mehrlingsschwangerschaften.

    Das Verfahren birgt die Gefahr der Entstehung von sogenannten überzähligen Embryonen, was für Verfechter*innen des Lebensschutzes ein Grund zur Ablehnung ist. Hierbei ist zu betonen, dass einem frühen – ggf. überzähligen – Embryo nicht der gleiche Schutz zugeschrieben werden sollte, wie einem weit entwickeltem, z.B. schmerzemfindenden Embryo. Die aktuelle Rechtslage bedeutet, dass diese Embryonen “verworfen” werden, als absterben, was in dieser Argumentation kontraintuitiv ist. Eine gestuftes Schutzkonzept für Embryonen ist bereits durch die Präimplantationsdiagonstik vom Gesetzgeber angewandt worden, durch das frühe Embryonen im Mutterleib “verworfen” werden, wenn diese genetische Veränderungen oder bekannten Krankheitsbildern belastet sind.  

    Zum Umgang mit den „überzähligen“ Embryonen gibt es aus reproduktionsmedizinischer Sicht mehrere Optionen. Das spendende Paar könnte beispielsweise diese Embryonen für eine potentielle weitere Schwangerschaft kryokonservieren und zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt werden. Oder sie könnten zur Spende für andere Personen mit Kinderwunsch freigegeben werden. Im Ausland könnten diese Embryonen auch für bestimmte, genehmigte Forschungsprojekte freigegeben werden. All diese Optionen setzen natürlich die Genehmigung des Spenderpaares voraus. Die Dauer der Konservierung muss zwingend gesetzlich geregelt werden.

    Die “Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin”, die das Justiz-, Familien- und Gesundheitsministerium eingesetzt haben, soll neben der Eizellspende auch Vorschläge zur Legalisierung der altruistischen Leihmutterschaft erarbeiten. Grundsätzlich ist die Erfahrung mit Leihmutterschaft in Ländern, wo diese legal praktiziert wird, sehr positiv. So hat z.B. der britische Ethikrat eine positive Bilanz nach 40 Jahren Leihmutterschaft gezogen. Leihmütter gehören meist der Mittelschicht an, sie handeln also nicht aus materieller Not heraus, haben einen höheren Bildungsgrad und sind oft im Erziehungsbereich tätig. Die Wunscheltern und Leihmütter stehen oft noch über Jahrzehnte in Kontakt. Ernsthafte Komplikationen treten nicht auf. Die einzige Schwierigkeit besteht in seltenen Fällen in der Übertragung der Elternschaft. Diese findet in England nach der Geburt statt und es kann in Ausnahmefällen passieren, dass eine Partei diese Übertragung nicht mehr vornehmen will. Diese Probleme treten jedoch selten auf. Selbstverständlich muss ein Konzept wie die Leihmutterschaft mit umfassender medizinethischer Begleitung einhergehen, mit Beratungen und regulatorischen Rahmenbedingungen. Zum Beispiel kann geregelt werden, wie häufig eine Person ein Kind als Leihmutter austragen darf, um daraus kein Geschäftsmodell werden zu lassen. Gegen die rein altruistische Leihmutterschaft sprechen jedoch verschiedene Gründe. Zum einen erfolgt die männliche Samenspende auch nicht altruistisch, sondern ist mit einer Aufwandsentschädigung verbunden. Daher wäre es ungerecht, Leihmüttern eine solche Aufwandsentschädigung zu verwehren, umso mehr, als die Schwangerschaft mit höheren Verdienstausfällen und körperlichen Belastungen einhergeht als eine Samenspende. Zum anderen verengt die altruistische Leihmutterschaft den Kreis an potentiellen Leihmüttern massiv. Dafür würden fast ausschließlich nahe Verwandte zur Verfügung stehen. Eine solche Einschränkung würde dem Bedarf an Leihmüttern nicht gerecht werden. Es wäre daher angemessen, Leihmüttern Entschädigungen zu zahlen, die auch der erheblichen Belastung durch eine Schwangerschaft Rechnung tragen. Ein weiterer Aspekt der Leihmutterschaft ist die Finanzierung. Hier muss betont werden, dass das gegenwärtige System – nämlich Leihmütter im Ausland zu suchen – für große soziale Ungleichheit sorgt. Eine Legalisierung der Leihmutterschaft in Deutschland würde die finanzielle Hürde senken. Gleichzeitig gilt für die Leihmutterschaft ebenso wie für die Eizellspende und andere reproduktionsmedizinische Behandlungen, dass sie Kassenleistungen sein sollten, damit sich der Kinderwunsch nicht am Geldbeutel entscheidet. 

    Empfehlung der Antragskommission:
    Erledigt
    Version der Antragskommission:

    Erledigt durch Koalitionsvertrag Bund (S. 92)