D-2 Keinen Fußbreit rechten Nazihipstern: Die „Identitären“ konsequent bekämpfen

Status:
Annahme

Die sogenannte Identitäre Bewegung (im Folgenden IB oder „Identitäre“) ist eine stramm rechte, gut vernetzte und gefährliche Organisation, die in vielen europäischen Staaten agiert und seit Mitte der 2010er Jahre auch in Deutschland zunehmend Präsenz zeigt. Als vermeintlich „junge Patriot:innen“, „Verteidiger:innen Europas“ und Anhänger:innen einer Ideologie, die sie als Ethnopluralismus bezeichnen, tritt die IB – vor allem im Internet – in Erscheinung. Im Folgenden soll es darum gehen, dieses Phänomen als Teil der Neuen Rechten einordnen zu können und aufzuzeigen, warum es sich bei dieser Gruppe um alles andere als eine ungefährliche Bewegung handelt.

 

Womit haben wir es zu tun? 

„Identitäre“ wissen um die Wirkmacht des Internets auf junge Menschen. Nicht zuletzt deshalb sind weniger die öffentlichen Auftritte mobilisierend, sondern die mediale Vermarktung hinterher. So geschehen im Kommunalwahlkampf in Hamburg 2020. Gemeinsam mit einem Bruder im Geiste drangen Identitäre mit einer Fahne in das Ernst-Thälmann-Museum ein, um kurz darauf von den Verantwortlichen verwiesen zu werden und zu verschwinden. Im Internet dagegen: Stolzes Posieren im Museum, die Fahne hochhaltend und einen konfusen Duktus aus der Querfront-Richtung in den Beitrag schreibend. Die Reichweite entfaltet sich weniger durch das Auftreten an realen Orten, sondern vielmehr in der digitalen Sphäre – was die IB auch so gefährlich macht. Dennoch ist auch die Präsenz vor Ort nicht zu vernachlässigen: Aktive Ortsgruppen wie in Göttingen und einigen weiteren Studierendenstädten treten in den letzten Monaten wieder häufiger in Erscheinung. Sie beflyern Cafeterien, Studierendenwohnheime und Wohngebiete. 

Die Ideologie der IB ist perfide, denn sie verpackt alte Terminologie in Neue: Aus „Ausländer Raus!“ wird „Erhalt der christlichen Tradition in Europa“, aus Rassismus wird „Ethnopluralismus“. Ganz im Geiste der Vordenker der Neuen Rechten distanzieren sich die meisten Kamerad:innen öffentlich vom Nationalsozialismus – verpacken aber zentrale ideologische Bestandteile mit neuen Begriffen in ihre Art zu denken: Alter Wein in neuen Schläuchen! Der Rechtsextremismusforscher Samuel Salzborn hat diese Ambitionen treffend zusammengefasst: „Das Ziel des (neu)rechten Kampfes um kulturelle Hegemonie ist, die Grenzen des Sagbaren aufzuweichen und die politische Kultur der Bundesrepublik auf diese Weise schleichend nach rechts zu verschieben.“1 Die IB nimmt in dieser Struktur einen aktionistischen Part ein. 

Auch, wenn die IB bislang nicht aktiv an Wahlen partizipiert, sind die natürlichen Partner:innen die Rechtspopulist:innen und rechtsradikalen Parteien in Europa. In Österreich, dem Hotspot der IB, sind enge inhaltliche wie personelle Verflechtungen mit der rechten FPÖ längst offengelegt. Und in Deutschland gilt zwischen IB und AfD zwar ein Unvereinbarkeitsbeschluss, allerdings ist dieser unlängst verwässert und wiederholt ignoriert worden. In Halle (Saale) gab es bis vor Kurzem in einem Gebäude, der nun ehemaligen Deutschlandzentrale der IB, mehrere Abgeordnetenbüros der AfD. In vielen (teil-)öffentlichen Veranstaltungen treten Funktionär:innen der rechtsradikalen Partei gemeinsam mit sog. „Identitären“ auf oder beziehen sich in Wortbeiträgen wohlwollend aufeinander. Identitäre arbeiten für AfD-Abgeordnete und sind selbst Mitglieder der Partei. 

 

Was heißt das für uns als Antifaschist:innen? 

Die Folge für uns scheint zunächst klar: Keinen Fußbreit den sogenannten „Identitären“. Doch wie wirkt sich das auf unsere Arbeit vor Ort aus? Neben klaren Abgrenzungen und einem wachen Auge müssen wir den rechten Aktivitäten aktiv entgegentreten: Auf Gegendemonstrationen, beim täglichen Gang über den Campus, dem Einkauf in der Innenstadt oder auf dem Wochenmarkt am Dorfplatz. Wo auch immer die IB ihre krude und rassistische Weltanschauung verbreitet, muss klargemacht werden, dass kein Platz in unserer Gesellschaft eingeräumt bleiben darf. Die Diskursverschiebung nach rechts hat dieser Ideologie bereits viel zu viel Raum zur Entfaltung gegeben. Als Antifaschist:innen ist es hier zentral, diesem Trend Einhalt zu gebieten! 

Politisch müssen wir uns dessen klar sein, dass die Verflechtungen zur AfD und dem vom Verfassungsschutz beobachteten „Flügel“ groß sind. Auch müssen uns die engen Verflechtungen zu weiteren Akteur:innen der Neuen Rechten, seien es der Verleger Götz Kubitschek mit seiner rechten Kaderschmiede in Schnellroda oder der Verein Ein Prozent, der sich um Mobilisierung und Finanzierung von Aktionen bemüht, allen klar sein.2 Es reicht nicht mehr, Akteur:innen aus dem rechten Spektrum isoliert zu betrachten. Für uns kann daher die Antwort nur lauten: Der AfD, der IB und damit dem Netzwerk der Neuen Rechten kein Podium mehr auf Diskussionsabenden, Wahlkampfaktionen oder ähnlichem geben. Dem Trugschluss, Funktionär:innen argumentativ im öffentlichen Raum schlagen zu können, wenn diese doch mit unlauteren Mitteln, Lügen und weiteren Agitationstechniken manipulieren, muss Einhalt geboten werden!  

Die Strategien der IB im digitalen Raum orientieren sich stark an denen der sogenannten Internet-Trolle. Online-Kommentare von Anhänger:innen der IB, die unter Youtube-Videos und Facebook-Kommentarspalten gezielt Stimmung für oder gegen etwas machen, sind noch lange nicht gesamtgesellschaftlich relevant. Vor allem das „Umweltsau“-Beispiel und die desaströse Reaktion des WDR-Intendanten Tom Buhrow haben gezeigt, wie die Online-Strategie der IB funktioniert – und wie man nicht darauf reagieren sollte. Die Kurzform: Ein Haufen Kommentare unter einem Beitrag sind noch lange kein Shitstorm, wie der Kolumnist und Youtuber Rezo es feststellt. Solche Online-Aktionen, die von IB-Aktivist:innen in internen Kanälen geplant und ausgeführt werden, sollten schlichtweg als Kommentarhaufen und nicht direkt als gesellschaftlicher Aufschrei wahrgenommen werden.  

Viele Menschen kennen die Hintergründe und die Vorgehensweise der sogenannten Identitären nicht. Unsere ständige Aufgabe wird es sein, die rechten neonazistischen Kamerad:innen als solche zu entlarven und ihren Rassismus sowie ihre perfiden Methoden klar zu benennen und zu kritisieren. 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme als Resolution
Beschluss: Keinen Fußbreit rechten Nazihipstern: Die „Identitären“ konsequent bekämpfen
Text des Beschlusses:

Die sogenannte Identitäre Bewegung (im Folgenden IB oder „Identitäre“) ist eine stramm rechte, gut vernetzte und gefährliche Organisation, die in vielen europäischen Staaten agiert und seit Mitte der 2010er Jahre auch in Deutschland zunehmend Präsenz zeigt. Als vermeintlich „junge Patriot:innen“, „Verteidiger:innen Europas“ und Anhänger:innen einer Ideologie, die sie als Ethnopluralismus bezeichnen, tritt die IB – vor allem im Internet – in Erscheinung. Im Folgenden soll es darum gehen, dieses Phänomen als Teil der Neuen Rechten einordnen zu können und aufzuzeigen, warum es sich bei dieser Gruppe um alles andere als eine ungefährliche Bewegung handelt.

Womit haben wir es zu tun? 

„Identitäre“ wissen um die Wirkmacht des Internets auf junge Menschen. Nicht zuletzt deshalb sind weniger die öffentlichen Auftritte mobilisierend, sondern die mediale Vermarktung hinterher. So geschehen im Kommunalwahlkampf in Hamburg 2020. Gemeinsam mit einem Bruder im Geiste drangen Identitäre mit einer Fahne in das Ernst-Thälmann-Museum ein, um kurz darauf von den Verantwortlichen verwiesen zu werden und zu verschwinden. Im Internet dagegen: Stolzes Posieren im Museum, die Fahne hochhaltend und einen konfusen Duktus aus der Querfront-Richtung in den Beitrag schreibend. Die Reichweite entfaltet sich weniger durch das Auftreten an realen Orten, sondern vielmehr in der digitalen Sphäre – was die IB auch so gefährlich macht. Dennoch ist auch die Präsenz vor Ort nicht zu vernachlässigen: Aktive Ortsgruppen wie in Göttingen und einigen weiteren Studierendenstädten treten in den letzten Monaten wieder häufiger in Erscheinung. Sie beflyern Cafeterien, Studierendenwohnheime und Wohngebiete. 

Die Ideologie der IB ist perfide, denn sie verpackt alte Terminologie in Neue: Aus „Ausländer Raus!“ wird „Erhalt der christlichen Tradition in Europa“, aus Rassismus wird „Ethnopluralismus“. Ganz im Geiste der Vordenker der Neuen Rechten distanzieren sich die meisten Kamerad:innen öffentlich vom Nationalsozialismus – verpacken aber zentrale ideologische Bestandteile mit neuen Begriffen in ihre Art zu denken: Alter Wein in neuen Schläuchen! Der Rechtsextremismusforscher Samuel Salzborn hat diese Ambitionen treffend zusammengefasst: „Das Ziel des (neu)rechten Kampfes um kulturelle Hegemonie ist, die Grenzen des Sagbaren aufzuweichen und die politische Kultur der Bundesrepublik auf diese Weise schleichend nach rechts zu verschieben.“1 Die IB nimmt in dieser Struktur einen aktionistischen Part ein. 

Auch, wenn die IB bislang nicht aktiv an Wahlen partizipiert, sind die natürlichen Partner:innen die Rechtspopulist:innen und rechtsradikalen Parteien in Europa. In Österreich, dem Hotspot der IB, sind enge inhaltliche wie personelle Verflechtungen mit der rechten FPÖ längst offengelegt. Und in Deutschland gilt zwischen IB und AfD zwar ein Unvereinbarkeitsbeschluss, allerdings ist dieser unlängst verwässert und wiederholt ignoriert worden. In Halle (Saale) gab es bis vor Kurzem in einem Gebäude, der nun ehemaligen Deutschlandzentrale der IB, mehrere Abgeordnetenbüros der AfD. In vielen (teil-)öffentlichen Veranstaltungen treten Funktionär:innen der rechtsradikalen Partei gemeinsam mit sog. „Identitären“ auf oder beziehen sich in Wortbeiträgen wohlwollend aufeinander. Identitäre arbeiten für AfD-Abgeordnete und sind selbst Mitglieder der Partei. 

 

Was heißt das für uns als Antifaschist:innen? 

Die Folge für uns scheint zunächst klar: Keinen Fußbreit den sogenannten „Identitären“. Doch wie wirkt sich das auf unsere Arbeit vor Ort aus? Neben klaren Abgrenzungen und einem wachen Auge müssen wir den rechten Aktivitäten aktiv entgegentreten: Auf Gegendemonstrationen, beim täglichen Gang über den Campus, dem Einkauf in der Innenstadt oder auf dem Wochenmarkt am Dorfplatz. Wo auch immer die IB ihre krude und rassistische Weltanschauung verbreitet, muss klargemacht werden, dass kein Platz in unserer Gesellschaft eingeräumt bleiben darf. Die Diskursverschiebung nach rechts hat dieser Ideologie bereits viel zu viel Raum zur Entfaltung gegeben. Als Antifaschist:innen ist es hier zentral, diesem Trend Einhalt zu gebieten! 

Politisch müssen wir uns dessen klar sein, dass die Verflechtungen zur AfD und dem vom Verfassungsschutz beobachteten „Flügel“ groß sind. Auch müssen uns die engen Verflechtungen zu weiteren Akteur:innen der Neuen Rechten, seien es der Verleger Götz Kubitschek mit seiner rechten Kaderschmiede in Schnellroda oder der Verein Ein Prozent, der sich um Mobilisierung und Finanzierung von Aktionen bemüht, allen klar sein.2 Es reicht nicht mehr, Akteur:innen aus dem rechten Spektrum isoliert zu betrachten. Für uns kann daher die Antwort nur lauten: Der AfD, der IB und damit dem Netzwerk der Neuen Rechten kein Podium mehr auf Diskussionsabenden, Wahlkampfaktionen oder ähnlichem geben. Dem Trugschluss, Funktionär:innen argumentativ im öffentlichen Raum schlagen zu können, wenn diese doch mit unlauteren Mitteln, Lügen und weiteren Agitationstechniken manipulieren, muss Einhalt geboten werden!  

Die Strategien der IB im digitalen Raum orientieren sich stark an denen der sogenannten Internet-Trolle. Online-Kommentare von Anhänger:innen der IB, die unter Youtube-Videos und Facebook-Kommentarspalten gezielt Stimmung für oder gegen etwas machen, sind noch lange nicht gesamtgesellschaftlich relevant. Vor allem das „Umweltsau“-Beispiel und die desaströse Reaktion des WDR-Intendanten Tom Buhrow haben gezeigt, wie die Online-Strategie der IB funktioniert – und wie man nicht darauf reagieren sollte. Die Kurzform: Ein Haufen Kommentare unter einem Beitrag sind noch lange kein Shitstorm, wie der Kolumnist und Youtuber Rezo es feststellt. Solche Online-Aktionen, die von IB-Aktivist:innen in internen Kanälen geplant und ausgeführt werden, sollten schlichtweg als Kommentarhaufen und nicht direkt als gesellschaftlicher Aufschrei wahrgenommen werden.  

Viele Menschen kennen die Hintergründe und die Vorgehensweise der sogenannten Identitären nicht. Unsere ständige Aufgabe wird es sein, die rechten neonazistischen Kamerad:innen als solche zu entlarven und ihren Rassismus sowie ihre perfiden Methoden klar zu benennen und zu kritisieren. 

Beschluss-PDF:
Überweisungs-PDF: