Im Bewusstsein, dass Gewalt an Frauen ein komplexes Problemfeld ist und somit die folgenden Forderungen lange noch nicht vollständig und deshalb lediglich ein Anfang sind, rufen wir zum sofortigen Handeln auf.
Forschung zu geschlechtsspezifischer Gewalt aktualisieren und ausweiten!
- Die Arbeit der Beratungsstellen, Frauenhäuser und zivilgesellschaftlichen Initiativen muss unbedingt durch konkrete Daten aus Deutschland zu Häufigkeit, Betroffenheit, unterschiedlichen Gewaltformen etc. unterfüttert werden, um Betroffene noch besser zu unterstützen sowie präventive Aufklärungsmaßnahmen entwickeln zu können.
- Wir fordern hierzu dringend ein Update der repräsentativen Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland aus dem Jahr 2004.
- Regelmäßig erhobene bundesweite Statistiken müssen die Folgen von Partnerschaftsgewalt erfassen.
- Wir fordern reichweitenstarkeAwarenesskampagnendurch öffentliche Institutionen und politische Entscheidungsträger*innen, die Femizide immer in bestehende Gewaltformen und Machtverhältnisse einbetten.
- Worte wie „Beziehungsdrama“ und „Familiendrama“ vermitteln den Eindruck, die Tat sei irrelevant für die Öffentlichkeit. Das muss aufhören! Journalist*innen sind ebenso in der Verantwortung wie Justizbehörden. Die Strukturen werden sich nur ändern, wenn wir sie anerkennen
Bestehende Informations- und Beratungsstellen fördern und ausbauen!
- Die Finanzierung der bestehenden Informations- und Beratungsstellen sowie der Frauenhäuser muss langfristig und nachhaltig gewährleistet werden, damit sie unabhängig arbeiten können und Betroffenen kosten- und barrierefrei und zeitnah zur Verfügung stehen
Strukturen schaffen, um Strafverfolgung durchzusetzen!
- Strafverfolgungsbehörden müssen ausreichend und regelmäßig geschult werden, um im Umgang mit Betroffenen rechtzeitig die richtige Hilfe leisten zu können.
- Der DeutscheJuristinnenbundsoll unterstützt werden bei der Forderung einer gesetzgeberischen Intervention, mit der in Gesetzesform gewährleistet werden soll, dass Trennungstötungen nicht milder bestraft werden, weil es sich um Taten in einer Partnerschaft handelt. Vielmehr soll unter bestimmten Umständen eine Strafschärfung möglich sein. Das stünde auch im Einklang mit dem ‚Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt‘, der sogenannten Istanbul-Konvention, die seit Anfang Februar 2018 in Deutschland gilt.
Die SPD bezieht Stellung zu Femiziden und fordert Konsequenzen. Unter einem Femizid verstehen wir gemäß WHO den Mord an Frauen aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit. Damit unterscheidet er sich von „Gewalt gegen Frauen“ dadurch, dass Letzteres viele Formen von psychologischer und physischer Gewalt umfassen kann, wie verbale Herabwürdigung und Missbrauch auf emotionaler, physischer oder sexueller Ebene. Der Femizid hingegen kann zwar diese gewaltvollen Handlungen im Vorfeld zeigen, ist aber am Ende der beabsichtige Mord an einer Frau.
Wie groß ist das Problem?
Die Zahlen sind erschreckend: 2017 gab es weltweit rund 87.000 Femizide. Dies geht aus neuesten Zahlen des UNO-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) hervor. Etwa 50.000 dieser Morde an Frauen, und damit die Mehrheit, wurden von Lebenspartnern oder anderen Familienmitgliedern begangen. Das bedeutet, dass weltweit jeden Tag 137 Frauen durch einen Familienangehörigen getötet werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nur die gemeldeten Delikte erfasst sind. Die Dunkelziffer dürfte laut der UNO viel höher sein.
In Deutschland wird alle zwei bis drei Tage eine Frau durch ihren Ehemann, Lebensgefährten oder Ex-Partner getötet. Im Jahr 2017 wurden laut Auswertung von Partnerschaftsgewalt durch das Bundeskriminalamt 141 Frauen ermordet (also mehr als an jedem dritten Tag).
Schaut man in die Polizeiliche Kriminalstatistik von 2017 sehen wir bei den gewaltsamen Tötungen 351 vollendete Tötungsdelikte gegen Frauen. Fast jeden Tag wird also eine Frau zum Opfer eines Mörders.
Die Petition «Stoppt das Töten von Frauen» fordert die Einführung einer bundesweiten Statistik, damit man diese Form der Gewalt besser bekämpfen kann. Dieser Forderung schließen wir, die Unterzeichner*innen dieses Aufrufs, uns an.
Was hat das Patriarchat damit zu tun?
Männer mit tiefsitzenden patriarchalen Denkmustern und frauenverachtenden Einstellungen neigen dazu, Gewalt an Frauen und Kindern anzuwenden. Dabei spielen Nationalität, Herkunft und sozialer Status des Täters eine nachrangige Rolle. Bei Gewaltausübung von Männern handelt es sich oft um ein erlerntes Muster, um ein anerzogenes und sozialisiertes Verhalten.
Für gewalttätige Männer sind Macht und Kontrolle zentral. Wenn sich Frauen von gewalttätigen Partnern trennen oder scheiden lassen wollen, wenn sie eine Anzeige erstatten oder die Polizei rufen, dann kommt es zu den gefährlichsten Situationen. Täter können den Macht- und Kontrollverlust über die Frau nicht akzeptieren. Es handelt sich meist um Wiederholungstäter, die nur mit Konsequenzen und Sanktionen dazu gebracht werden können, ihr gewalttätiges Verhalten zu ändern.
Daher muss klar sein, dass die Verantwortung niemals bei der betroffenen Frau zu suchen ist und nicht auf Ablenkungsversuche und Rechtfertigungsstrategien des Gewalttäters einzugehen ist. Gewalttäter müssen bei den ersten Anzeichen von Gewalt (Anzeigen, Betretungsverbote, Hilferufe der Frauen etc.) zur Verantwortung gezogen werden. Nur so kann Gewalt an Frauen und Kindern gestoppt werden. Nur so können Morde an Frauen und Kindern verhindert werden.
Adressat:
Bundesparteitag