Ge-06 Kein Gott im Staat. Unser jungsozialistischer Blick auf das Verhältnis von Staat und Kirche

Status:
Annahme

Die deutsche Sozialdemokratie hat eine wechselhafte Geschichte im Umgang mit Religion und Kirche. In ihren Ursprüngen war die Arbeiter*innenbewegung klar laizistisch orientiert, strebte also eine vollständige Trennung zwischen Staat und Kirche an. Nach dem Ende des deutschen Kaiserreichs setzte sich die SPD für diese Trennung in der Weimarer Reichsverfassung ein, konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Seit dem Godesberger Programm 1959 hat sich diese Haltung verändert und die SPD hat sich den Kirchen stark angenähert. Von der laizistischen Haltung ist heute nur noch wenig zu spüren. Das macht sich bei konkreten Fragen im Umgang mit den Kirchen bemerkbar, aber auch bei ethischen Fragen und daraus hervorgegangenen Gesetzen. Wir Sozialdemokrat*innen haben weiterhin ein säkulares Staatsverständnis. Religion ist für uns Privatsache. Der Vielfalt weltanschaulicher und religiöser Überzeugungen in dieser Gesellschaft begegnen wir nicht, indem wir immer wieder einzelne Gruppen in den Kreis der Privilegierten aufnehmen (z.B. bei Feiertagen, Religionsunterricht usw.), sondern indem wir vom System der Bevorzugung einzelner religiöser Gemeinschaften wegkommen und das Gemeinsame in den Vordergrund stellen. Bildung, Gesundheitsversorgung, Kinder- und Jugendhilfe und weitere Bereiche, in denen Staat und Kirche aktuell kooperieren, sehen wir im Kern als öffentliche Aufgaben, nicht als Aufgabe privater Träger.

In Deutschland besteht keine Staatskirche. Damit sieht das Grundgesetz grundsätzlich eine Trennung von Staat und Kirche vor. Alle Bürger*innen sind frei, ihre Religion zu wählen – ebenso auch keiner Religionsgemeinschaft anzugehören. Der Staat hat den Religionsgemeinschaften gegenüber neutral zu sein. Allerdings besteht kein Kooperationsverbot, wie man es z.B. aus Frankreich kennt (Laizismus). Stattdessen kooperieren Staat und Kirche in vielen verschiedenen Bereichen, wobei dieses Kooperationsverhältnis prinzipiell allen Religionsgemeinschaften offensteht. Soweit die Theorie. Praktisch ist es so, dass vor allem die evangelisch-lutherische und die römisch-katholische Religionsgemeinschaft eine enorm privilegierte Position genießen, sowohl im Vergleich zu anderen Konfessionen als auch im Vergleich zu konfessionslosen Menschen. Diese historisch gewachsene Privilegierung steht einer immer geringer werdenden Mitgliederzahl in den beiden großen Kirchen gegenüber. Dabei lässt sich in der Geschichte der Bundesrepublik ein klarer Trend zur Säkularisierung ablesen. Inzwischen gehört nicht einmal mehr die Hälfte der Deutschen den beiden großen Kirchen an. Der Abwärtstrend hat sich in den letzten sechs Jahren sogar noch einmal erheblich verstärkt. Über 40 Prozent sind konfessionslos, wobei diese Einstufung eine rein formale ist und nichts über den persönlichen Glauben der Personen aussagt. Die Gründe für den Mitgliederschwund sind vielseitig: Insbesondere in der Katholischen Kirche ist der Frust über den Umgang mit sexueller Gewalt gegen Kinder ein Grund auszutreten, außerdem die generelle Reformunwilligkeit. Ein Grund ist aber auch, dass Kirchenmitglied zu sein innerhalb von Familien nicht mehr automatisch weitergegeben wird, also die reine Religionszugehörigkeit aus Tradition seltener wird und es gesellschaftlich meist kein Tabu mehr ist, aus einer Religionsgemeinschaft auszutreten.

Diese Entwicklung wirft zahlreiche Fragen im Verhältnis zwischen Staat und Kirche auf. Denn wie kann es zu rechtfertigen sein, dass eine Minderheit so massiv bevorzugt wird – und das gleichzeitig auf Kosten aller? Als Sozialdemokrat*innen stehen wir zur Religionsfreiheit, was sowohl die Freiheit zur Religionsausübung als auch die Freiheit von Religion einschließt. Wir sind aber auch davon überzeugt, dass diese Freiheit faktisch im Widerspruch zur gegenwärtigen Bevorzugung zweier Religionsgemeinschaften steht. Diese Bevorzugung muss in diversen Kontexten beendet werden. Wir streben weiterhin die umfassende Trennung von Kirche und Staat an.

Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts

Betriebliche Mitbestimmung ist der Versuch, die strukturelle Ungleichheit zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen abzumildern. Sie soll durch Ausgleich zwischen betrieblichen Anforderungen und den Belangen und Interessen der Beschäftigten eine soziale Balance schaffen. Deshalb haben Betriebs- und Personalräte bei der Festlegung der Lage der Arbeitszeit, bei Umsetzungen und Versetzungen und vielem mehr mitzubestimmen. Für die Kirchen und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen gilt das staatliche Recht der betrieblichen Interessenvertretungen nicht. Die Kirchen haben für ihren Bereich nach 1949 besondere Regelungen durchgesetzt. Das Grundgesetz räumt den Kirchen in Art. 140 das Recht ein, ihre inneren Angelegenheiten im Rahmen der für alle geltenden Gesetze selbst zu regeln. Von der verfassungsrechtlich privilegierten Stellung der Kirche sind alle Formen der Glaubensausübung erfasst, die mit der Rechtsordnung der Bundesrepublik vereinbar sind. Sie nehmen auch eine arbeitsrechtliche Sonderstellung zum Nachteil der Beschäftigten in Kauf. Circa 1,8 Mio. Arbeitnehmer*innen in der evangelischen und katholischen Kirche mit ihren Wohlfahrtsverbänden Diakonie und Caritas wählen regelmäßig so genannte Mitarbeiter*innenvertretungen. Grundlage dafür bilden kirchliche Gesetze mit diversen Sonderregelungen. Mitarbeiter*innenvertretungen sind im Vergleich zu Betriebsräten und Personalräten eine relativ junge Einrichtung. Während das Betriebsverfassungsgesetz 1952 und das Bundespersonalvertretungsgesetz 1955 vom Bundestag verabschiedet wurden, zog die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erst im Jahr 1992 mit dem »Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland (MVG.EKD)« nach. Der Verband der Diözesen Deutschlands (Zusammenschluss der deutschen Diözesen katholischen Kirche) verabschiedete 1971 die “Mitarbeitervertretungsrahmenordnung”. Die gewerkschaftlichen Rechte werden – anders als im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) – nicht geschützt. Die Mitbestimmungsrechte sind aufgrund ihrer beschränkten Wirkmächtigkeit schwächer ausgestaltet und durch extrem formale Verfahren eingeschränkt. Der Gang zu den Arbeitsgerichten ist den Mitarbeiter*innenvertretungen (MAVen) verwehrt. Die Beschäftigten und die MAVen in der Kirche und ihren Einrichtungen sprechen von einem Arbeitsrecht zweiter Klasse.

Gleichzeitig führt das kirchliche Arbeitsrecht immer wieder zu Kündigung aufgrund des Privatlebens der Arbeitnehmer*innen. Das kann sowohl die Religionszugehörigkeit sein, eine Scheidung oder die sexuelle Orientierung. Und es betrifft keineswegs nur Arbeitnehmer*innen, die einer unmittelbar religiösen (verkündungsnahen”) Tätigkeit nachgehen, wie z.B. Pastor*innen, sondern auch Ärzt*innen, Reinigungskräfte, Pfleger*innen, Erzieher*innen usw. (verkündungsfern”). Wer sich beispielsweise bei einem christlichen Kindergarten bewirbt – und die christlichen Träger machen einen erheblichen Anteil aus, sodass für Bewerber*innen nur eine eingeschränkte Wahlfreiheit besteht – muss einer christlichen Religionsgemeinschaft angehören. Zwar hat die Deutsche Bischofskonferenz 2022 eine Reform des Arbeitsrechts in der katholischen Kirche beschlossen, diese wird von der Gewerkschaft ver.di jedoch weiterhin als unzureichend bewertet. Die Diskriminierung nach privater Lebensführung oder Religionszugehörigkeit muss nicht reformiert werden, sie muss abgeschafft werden. Dabei ist wichtig zu betonen, dass kirchliche Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens vollständig aus staatlichen Mitteln finanziert werden, nicht aus der Kirchensteuer! Die muslimische Ärztin oder der geschiedene Pfleger oder die lesbische Erzieherin finanzieren über ihre Steuern die Einrichtung, die sie am Ende diskriminiert.

Wir fordern deshalb:

  • das Arbeitsrecht der Kirchen ist abzuschaffen
  • den kirchlichen Beschäftigten sind volle gewerkschaftliche Rechte zuzugestehen
  • es sind Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften aufzunehmen
  • das Streikrecht ist auch für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen zu gewähren
  • das Betriebsverfassungsgesetz und die Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung wird auch in kirchlichen Einrichtungen volle Anwendung finden
  • um queere Menschen zu schützen, muss das Diskriminierungsverbot auch bei kirchlichen Arbeitgeber*innen durchgesetzt werden.  

Ende der Staatsleistungen – 220 Jahre sind genug!  

 Bis in die Neuzeit hinein war die – vor allem katholische – Kirche nicht nur eine Religionsgemeinschaft, sondern auch Territorialherrin über zahlreiche Gebiete. Bischöfe herrschten als Fürsten über ihre eigenen Gebiete. Sie waren also gleichzeitig weltliche Herrscher. Diese Fürstbischöfe speisten sich wie die rein weltlichen Fürsten auch in der Regel aus Adelsfamilien. Aus jungsozialistischer Sicht waren die geistlichen Staaten somit ebenso eine illegitime Herrschaft einer kleinen, nicht-demokratischen Elite wie die Adelsherrschaften in weltlichen Fürstentümern. Während in den lutherischen und reformierten Teilen des Heiligen Römischen Reiches bereits früher ein Prozess zur Säkularisation einsetzte, also kirchliche Territorialherrschaft an weltliche Herrscher überging, wurden die katholischen Bereiche davon vor allem in Folge der französischen Revolution und napoleonischen Kriege getroffen. Im Jahr 1803 beschloss der Reichsdeputiertenhauptschluss die Auflösung großer kirchlicher Territorien, um damit weltliche Herrscher für ihre Gebietsverluste zu entschädigen. Das alles klingt nach Geschichtsstunde, hat aber Auswirkungen bis heute: Um den Vermögensverlust der Kirchen auszugleichen, erhielten sie Staatsleistungen – also Geld. Diese Geldzahlungen vom Staat an die Kirche laufen bis heute. Allein für das Jahr 2022 haben die Bundesländer 602 Millionen Euro Staatsleistungen an die beiden großen Kirchen veranschlagt. Dabei unterliegen diese Leistungen keiner Nachweispflicht oder Zweckbindung. Sie dienen somit auch nicht der Finanzierung karitativer Dienste, diese werden ohnehin aus staatlichen Mitteln bezahlt. Seit dem Inkrafttreten der Weimarer Verfassung 1919 besteht der Verfassungsauftrag, diese Leistungen zu beenden. Geschehen ist das bislang nicht. Die Ampel-Koalition hat sich vorgenommen, diesen Schritt zu gehen. Die große Frage ist aber, wie die Beendigung abläuft. Die Kirchen verlangen eine Ablösesumme, aus der sie sich in der Zukunft weiterhin finanzieren können, wie bislang aus Staatsleistungen. Das können enorme Geldsummen sein, aber auch Staatsanleihen oder andere Vermögenswerte.

Wir fordern: Die Staatsleistungen an die Kirchen müssen noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestags dauerhaft beendet werden. Dabei haben sich auch die Bundesländer, die bislang blockieren, zu bewegen. Eine Ablösungssumme in jeglicher Form lehnen wir ab. Wir sehen die Kirchen und andere Religionsgemeinschaften in der Pflicht, sich selbst zu finanzieren. Die Entschädigung ist durch 220 Jahre Staatsleistungen mehr als abgegolten!

Auch Karfreitag ist Party für Jesus – Tanzverbot abschaffen

Stille Feiertage” – an diesen Tagen gilt ein durch die Bundesländer geregeltes öffentliches Tanzverbot. Wie genau dieses Verbot ausgestaltet ist und an welchen Tagen es gilt, variiert zwischen den Ländern. Es kann zusätzlich zum Verbot von öffentlichen Tanzveranstaltungen z.B. auch das Verbot von Sportveranstaltungen umfassen. Immer wieder protestieren Jusos in lokalen, progressiven Bündnissen gegen diesen Zwang zur Andächtigkeit. Wir fordern weiterhin die Abschaffung jeglicher Tanzverbote.

Lückenlose Aufklärung statt Schweigekartell

Nach wie vor hält die Debatte um sexuelle Gewalt gegen Kinder in kirchlichen Einrichtungen und durch kirchliche Würdenträger an. Insbesondere die katholische Kirche wird immer wieder durch neue Gutachten in einzelnen Bistümern, vor allem aber durch die dortigen Verschleierungsversuche erschüttert. Auch dieser Umgang mit strukturell bedingten Verbrechen in der eigenen Organisation führt zu zahlreichen Kirchenaustritten. Erschütternd ist aber nicht nur, wie Bischöfe und andere Personen innerhalb der Kirche die Verantwortlichen geschützt und die Aufklärung der Verbrechen blockiert haben. Erschütternd ist auch, wie viel Vertrauen staatliche Institutionen in die interne Aufarbeitung der Kirche gesetzt haben. Der Staat hat eine Nachsicht gegenüber der (katholischen) Kirche walten lassen, wie sie in anderen Kontexten kaum denkbar wäre. Als die katholische Bischofskonferenz 2019 beispielsweise einen „Missbrauchsbericht” veröffentlichte, waren darin Fälle enthalten, die der Justiz bis dahin nicht bekannt gewesen waren. Die Kirche erstattete jedoch keine Anzeige und benannte auch keine Täter. Die Kirche sieht solche Fälle immer noch viel zu oft als interne Angelegenheiten, die sie durch kirchenrechtliche Sanktionen ahnden könne. Dazu kommen staatliche Ermittlungsbehörden, die deutlich zögerlicher bei der Beweissicherung vorgehen, als sie es gegenüber weltlichen Organisationen tun würden. Diese Zurückhaltung muss ein Ende haben! Verbrechen innerhalb der Kirche, vor allem wenn Minderjährige zu Schaden kommen, müssen durch staatliche Ermittlungsbehörden lückenlos aufgeklärt werden – ohne Rücksicht auf eine Organisation, die immer wieder dem Täterschutz Vorzug gegeben hat. Zusätzlich muss das kanonische Recht geändert werden: Bislang stellt das katholische Kirchenrecht sexuelle Gewalt gegen Minderjährige nur unter Strafe, wenn sie von Klerikern ausgeht. Der Hintergrund ist, dass durch das Kirchenrecht der Zölibat geschützt werden soll und nicht die sexuelle Selbstbestimmung der Jugendlichen.

Gemeinsam lernen – nicht getrennt nach Konfessionen

Der konfessionelle Religionsunterricht genießt in Deutschland einen besonderen grundgesetzlichen Schutz. Das führt dazu, dass Schüler*innen in Deutschland, sobald es um Religionsunterricht geht, nach ihrer Religionszugehörigkeit getrennt werden. In den meisten Fällen sind das katholischer und/oder evangelischer Religionsunterricht sowie Werte und Normen” oder ähnliche Fächer für diejenigen, die an diesem Religionsunterricht nicht teilnehmen wollen. Inzwischen ist auch islamischer Religionsunterricht häufiger anzutreffen. Die grundsätzlichen Probleme bleiben dennoch bestehen: Zum einen kann konfessioneller Religionsunterricht nie die weltanschauliche und religiöse Vielfalt, die in der Gesellschaft besteht, widerspiegeln, sondern wird die Schüler*innen nach groben Zugehörigkeiten sortieren. Zum anderen kommt durch die Trennung kein Austausch zwischen unterschiedlichen Anschauungen zustande. Dabei ist für gegenseitige Akzeptanz, aber auch für die persönliche und intellektuelle Entwicklung der Kinder der Austausch zwischen unterschiedlichen Weltanschauungen unerlässlich. Unsere Idealvorstellung ist daher ein gemeinsamer Unterricht für alle. Auf dem Weg dahin kann ein konfessionsübergreifender Religionsunterricht ein richtiger Schritt sein. Aktuell arbeiten die katholische und evangelische Kirche an einem gemeinsamen christlichen Religionsunterricht. Uns hingegen ist wichtig, dass sich ein konfessionsübergreifender Religionsunterricht nicht auf christliche Konfessionen beschränkt. Ein solcher Ansatz existiert bereits in Hamburg, wo verschiedene Religionsgemeinschaften an der Gestaltung des Lehrplans und der Durchführung des Unterrichts beteiligt sind. Langfristig bleibt unser Ziel aber ein nicht- konfessioneller Unterricht, beispielsweise nach dem Vorbild von Werte und Normen”, für alle! Das schließt auch die ausschließlich nicht-konfessionelle Ausbildung der Lehrer*innen ein. Nach unserer Vorstellung sollen kirchliche Autoritäten keine Mitsprache bei der Lehrer*innenausbildung mehr haben. Ein weiteres Problem stellen Konfessionsschulen dar, also z.B. evangelische oder katholische Schulen. Wir Jusos lehnen Privatschulen grundsätzlich ab. Wie bei anderen Schulen in freier Trägerschaft auch (z.B. Waldorfschulen) sind Konfessionsschulen ein Mittel der sozialen Abgrenzung. Die Abgrenzung verläuft nicht nur entlang konfessioneller Gruppen, sondern auch sozialer Klassen. So schicken Eltern ihre Kinder oft auch deshalb auf christliche Schulen, weil sie dort eine bürgerliche, homogene Schulgemeinschaft erwarten. Dementsprechend ist auch der Anteil von migrantisierten Schüler*innen auf diesen Schulen unterdurchschnittlich. Hinzu kommt der Einfluss der Religion auf die Schulbildung, der an Konfessionsschulen auch dadurch besteht, dass fast alle Lehrer*innen der entsprechenden Religion angehören. Vielfalt sieht anders aus. Wir Jusos halten aus Gründen der Gleichheit und des sozialen Miteinanders daran fest, dass es eine Schule für alle braucht – und keine Trennung nach Religionszugehörigkeit oder sozialer Zugehörigkeit.

Nehmt den Staat in die Verantwortung!

Als Argument für die fortwährende Relevanz der Kirchen wird immer wieder ihr karitatives Engagement ins Feld geführt. Dabei ist nicht von der Hand zu weisen, dass kirchliche Träger im Sozial- und Gesundheitssektor wichtige Aufgaben übernehmen. Was dabei jedoch oft übersehen wird, ist, dass die kirchlichen Träger eine Lücke füllen, die der Staat hinterlassen hat. Der Betrieb von Krankenhäusern, Kindertagesstätten, Schulen und weiteren Einrichtungen ist für uns als SPD aber ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge und damit in öffentlicher Verantwortung anzusiedeln. Wir wollen, dass der Staat wieder in die Verantwortung genommen wird, statt Aufgaben der Daseinsvorsorge an die Kirchen abzuwälzen!

Wir wollen endlich der weltanschaulichen Vielfalt in unserer Gesellschaft Rechnung tragen! Deshalb fordern wir:   

  • die Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts
  • die Beendigung aller Staatsleistungen ohne Ablösesumme
  • die Abschaffung von Tanzverbot an stillen Feiertagen
  • langfristig die Einrichtung eines nicht-konfessionellen Unterrichtsfachs über Religion, Ethik, Philosophie und Weltanschauungen wie bspw. im Fach Werte und Normen” für alle Schüler*innen und die Abschaffung des konfessionellen Religionsunterrichts dass der Staat im Sozial- und Gesundheitssektor wieder mehr Verantwortung übernimmt und somit die kirchliche Träger*innenschaft von Kindertagesstätten, Schulen, Krankenhäusern usw. ablöst.

     

    Empfehlung der Antragskommission:
    Annahme in der Fassung der AK
    Version der Antragskommission:

    Kein Gott im Staat.

     

    Antragsteller*innen: Jusos Bezirk Hannover

     

     

    Der Bezirksparteitag möge beschließen:

     

    Im Rahmen der von der Ampelkoalition angestrebten Annäherung des kirchlichen Arbeitsrechts an das allgemeine Arbeitsrecht fordern wir die folgenden Eckpunkte:

    • das Arbeitsrecht der Kirchen ist abzuschaffen
    • den kirchlichen Beschäftigten sind volle gewerkschaftliche Rechte zuzugestehen
    • es sind Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften aufzunehmen
    • das Streikrecht ist auch für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen zu gewähren
    • das Betriebsverfassungsgesetz und die Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung wird auch in kirchlichen Einrichtungen volle Anwendung finden
    • Um queere Menschen zu schützen, muss das Diskriminierungsverbot auch bei kirchlichen Arbeitgeber*innen durchgesetzt werden.
    • Bei der Vergabe von Aufträgen an kirchliche Träger muss zwingend auf die Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten geachtet werden

    Tanzverbot abschaffen

     

    „Stille Feiertage” – an diesen Tagen gilt ein durch die Bundesländer geregeltes öffentliches Tanzverbot. Wie genau dieses Verbot ausgestaltet ist und an welchen Tagen es gilt, variiert zwischen den Ländern. Es kann zusätzlich zum Verbot von öffentlichen Tanzveranstaltungen z.B. auch das Verbot von Sportveranstaltungen umfassen. Immer wieder protestieren Jusos in lokalen, progressiven Bündnissen gegen diesen Zwang zur Andächtigkeit. Wir fordern weiterhin die Abschaffung jeglicher Tanzverbote.

     

    Lückenlose Aufklärung statt Schweigekartell

     

    Nach wie vor hält die Debatte um sexuelle Gewalt gegen Kinder in kirchlichen Einrichtungen und durch kirchliche Würdenträger an. Insbesondere die katholische Kirche wird immer wieder durch neue Gutachten in einzelnen Bistümern, vor allem aber durch die dortigen Verschleierungsversuche erschüttert. Auch dieser Umgang mit strukturell bedingten Verbrechen in der eigenen Organisation führt zu zahlreichen Kirchenaustritten. Erschütternd ist aber nicht nur, wie Bischöfe und andere Personen innerhalb der Kirche die Verantwortlichen geschützt und die Aufklärung der Verbrechen blockiert haben. Erschütternd ist auch, wie viel Vertrauen staatliche Institutionen in die interne Aufarbeitung der Kirche gesetzt haben. Der Staat hat eine Nachsicht gegenüber der (katholischen) Kirche walten lassen, wie sie in anderen Kontexten kaum denkbar wäre. Als die katholische Bischofskonferenz 2019 beispielsweise einen „Missbrauchsbericht” veröffentlichte, waren darin Fälle enthalten, die der Justiz bis dahin nicht bekannt gewesen waren. Die Kirche erstattete jedoch keine Anzeige und benannte auch keine Täter. Die Kirche sieht solche Fälle immer noch viel zu oft als interne Angelegenheiten, die sie durch kirchenrechtliche Sanktionen ahnden könne. Dazu kommen staatliche Ermittlungsbehörden, die deutlich zögerlicher bei der
    Beweissicherung vorgehen, als sie es gegenüber weltlichen Organisationen tun würden. Diese Zurückhaltung muss ein Ende haben! Verbrechen innerhalb der Kirche, vor allem wenn Minderjährige zu Schaden kommen, müssen durch staatliche Ermittlungsbehörden lückenlos aufgeklärt werden.

    Änderungsanträge
    Status Kürzel Zeile AntragstellerInnen Text PDF
    Annahme Ge-06- Jusos Bezrik Hannover Der Bezirksparteitag möge beschließen:   Im Rahmen der von der Ampelkoalition angestrebten Annäherung des kirchlichen Arbeitsrechts an das allgemeine Arbeitsrecht fordern wir die folgenden Eckpunkte:
    • das Arbeitsrecht der Kirchen ist abzuschaffen
    • den kirchlichen Beschäftigten sind volle gewerkschaftliche Rechte zuzugestehen
    • es sind Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften aufzunehmen
    • das Streikrecht ist auch für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen zu gewähren
    • das Betriebsverfassungsgesetz und die Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung wird auch in kirchlichen Einrichtungen volle Anwendung finden
    • Um queere Menschen zu schützen, muss das Diskriminierungsverbot auch bei kirchlichen Arbeitgeber*innen durchgesetzt werden.
    • Bei der Vergabe von Aufträgen an kirchliche Träger muss zwingend auf die Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten geachtet werden
    Tanzverbot abschaffen „Stille Feiertage” - an diesen Tagen gilt ein durch die Bundesländer geregeltes öffentliches Tanzverbot. Wie genau dieses Verbot ausgestaltet ist und an welchen Tagen es gilt, variiert zwischen den Ländern. Es kann zusätzlich zum Verbot von öffentlichen Tanzveranstaltungen z.B. auch das Verbot von Sportveranstaltungen umfassen. Immer wieder protestieren Jusos in lokalen, progressiven Bündnissen gegen diesen Zwang zur Andächtigkeit. Wir fordern weiterhin die Abschaffung jeglicher Tanzverbote.   Lückenlose Aufklärung statt Schweigekartell Nach wie vor hält die Debatte um sexuelle Gewalt gegen Kinder in kirchlichen Einrichtungen und durch kirchliche Würdenträger an. Insbesondere die katholische Kirche wird immer wieder durch neue Gutachten in einzelnen Bistümern, vor allem aber durch die dortigen Verschleierungsversuche erschüttert. Auch dieser Umgang mit strukturell bedingten Verbrechen in der eigenen Organisation führt zu zahlreichen Kirchenaustritten. Erschütternd ist aber nicht nur, wie Bischöfe und andere Personen innerhalb der Kirche die Verantwortlichen geschützt und die Aufklärung der Verbrechen blockiert haben. Erschütternd ist auch, wie viel Vertrauen staatliche Institutionen in die interne Aufarbeitung der Kirche gesetzt haben. Der Staat hat eine Nachsicht gegenüber der (katholischen) Kirche walten lassen, wie sie in anderen Kontexten kaum denkbar wäre. Als die katholische Bischofskonferenz 2019 beispielsweise einen „Missbrauchsbericht” veröffentlichte, waren darin Fälle enthalten, die der Justiz bis dahin nicht bekannt gewesen waren. Die Kirche erstattete jedoch keine Anzeige und benannte auch keine Täter. Die Kirche sieht solche Fälle immer noch viel zu oft als interne Angelegenheiten, die sie durch kirchenrechtliche Sanktionen ahnden könne. Dazu kommen staatliche Ermittlungsbehörden, die deutlich zögerlicher bei der Beweissicherung vorgehen, als sie es gegenüber weltlichen Organisationen tun würden. Diese Zurückhaltung muss ein Ende haben! Verbrechen innerhalb der Kirche, vor allem wenn Minderjährige zu Schaden kommen, müssen durch staatliche Ermittlungsbehörden lückenlos aufgeklärt werden.  
    Beschluss: Kein Gott im Staat. Unser jungsozialistischer Blick auf das Verhältnis von Staat und Kirche
    Text des Beschlusses:

    Der Bezirksparteitag möge beschließen:

    Im Rahmen der von der Ampelkoalition angestrebten Annäherung des kirchlichen Arbeitsrechts an das allgemeine Arbeitsrecht fordern wir die folgenden Eckpunkte:

    • das Arbeitsrecht der Kirchen ist abzuschaffen
    • den kirchlichen Beschäftigten sind volle gewerkschaftliche Rechte zuzugestehen
    • es sind Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften aufzunehmen
    • das Streikrecht ist auch für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen zu gewähren
    • das Betriebsverfassungsgesetz und die Gesetze zur Unternehmensmitbestimmung wird auch in kirchlichen Einrichtungen volle Anwendung finden
    • Um queere Menschen zu schützen, muss das Diskriminierungsverbot auch bei kirchlichen Arbeitgeber*innen durchgesetzt werden.
    • Bei der Vergabe von Aufträgen an kirchliche Träger muss zwingend auf die Einhaltung von Arbeitnehmer*innenrechten geachtet werden

    Tanzverbot abschaffen

    „Stille Feiertage” – an diesen Tagen gilt ein durch die Bundesländer geregeltes öffentliches Tanzverbot. Wie genau dieses Verbot ausgestaltet ist und an welchen Tagen es gilt, variiert zwischen den Ländern. Es kann zusätzlich zum Verbot von öffentlichen Tanzveranstaltungen z.B. auch das Verbot von Sportveranstaltungen umfassen. Immer wieder protestieren Jusos in lokalen, progressiven Bündnissen gegen diesen Zwang zur Andächtigkeit. Wir fordern weiterhin die Abschaffung jeglicher Tanzverbote.

     

    Lückenlose Aufklärung statt Schweigekartell

    Nach wie vor hält die Debatte um sexuelle Gewalt gegen Kinder in kirchlichen Einrichtungen und durch kirchliche Würdenträger an. Insbesondere die katholische Kirche wird immer wieder durch neue Gutachten in einzelnen Bistümern, vor allem aber durch die dortigen Verschleierungsversuche erschüttert. Auch dieser Umgang mit strukturell bedingten Verbrechen in der eigenen Organisation führt zu zahlreichen Kirchenaustritten. Erschütternd ist aber nicht nur, wie Bischöfe und andere Personen innerhalb der Kirche die Verantwortlichen geschützt und die Aufklärung der Verbrechen blockiert haben. Erschütternd ist auch, wie viel Vertrauen staatliche Institutionen in die interne Aufarbeitung der Kirche gesetzt haben. Der Staat hat eine Nachsicht gegenüber der (katholischen) Kirche walten lassen, wie sie in anderen Kontexten kaum denkbar wäre. Als die katholische Bischofskonferenz 2019 beispielsweise einen „Missbrauchsbericht” veröffentlichte, waren darin Fälle enthalten, die der Justiz bis dahin nicht bekannt gewesen waren. Die Kirche erstattete jedoch keine Anzeige und benannte auch keine Täter. Die Kirche sieht solche Fälle immer noch viel zu oft als interne Angelegenheiten, die sie durch kirchenrechtliche Sanktionen ahnden könne. Dazu kommen staatliche Ermittlungsbehörden, die deutlich zögerlicher bei der Beweissicherung vorgehen, als sie es gegenüber weltlichen Organisationen tun würden. Diese Zurückhaltung muss ein Ende haben! Verbrechen innerhalb der Kirche, vor allem wenn Minderjährige zu Schaden kommen, müssen durch staatliche Ermittlungsbehörden lückenlos aufgeklärt werden.

    Beschluss-PDF:
    Überweisungs-PDF: