Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit im SPD-Bezirk Hannover setzt sich dafür ein, dass die geschlechtersensible Medizin in Forschung, Lehre und Versorgung konsequent gestärkt wird. Ein besonderer Schwerpunkt soll dabei auf der Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Endometriose liegen.
1. Bedeutung der geschlechtersensiblen Medizin
Geschlechtersensible Medizin hat das Ziel, die bestmögliche Gesundheitsversorgung für alle Geschlechter zu ermöglichen. Forschung und Praxis zeigen, dass Männer und Frauen bei zahlreichen Krankheiten unterschiedliche Symptome, Verläufe und Therapieansprachen zeigen. Beispiele:
- Frauen sind häufiger von Osteoporose, Rheuma und Brustkrebs betroffen,
- Männer erkranken häufiger an Bluthochdruck, Diabetes oder Parkinson.
Auch Medikamente wirken geschlechtsspezifisch unterschiedlich, da klinische Studien historisch überwiegend am männlichen Körper durchgeführt wurden.
Gleichzeitig nehmen Männer Vorsorgeuntersuchungen seltener in Anspruch. Damit wird deutlich: Eine gerechte Gesundheitsversorgung erfordert die systematische Berücksichtigung biologischer Unterschiede und gesellschaftlicher Rollenbilder.
2. Endometriose als Beispiel für bestehende Defizite
Besonders sichtbar wird die Notwendigkeit geschlechtersensibler Medizin am Beispiel Endometriose:
- Mehr als jede zehnte Frau ist, betroffen – vergleichbar mit der Häufigkeit von Diabetes oder Demenz.
- Dennoch wird die Erkrankung oft erst nach Jahren diagnostiziert. Viele Betroffene erfahren Diskriminierung und Stigmatisierung im Alltag und im Berufsleben.
- Fehlendes Wissen bei Ärzte-innen führt zu Fehldiagnosen und verspäteten Behandlungen, was chronische Schmerzen, psychische Belastungen und krankheitsbedingte Fehlzeiten zur Folge hat.
Frankreich hat bereits eine nationale Endometriose-Strategie initiiert. Auch Deutschland braucht dringend eine solche gesundheitspolitische Initiative.
3. Vergleich Niedersachsen – Saarland
Ein Blick auf die Versorgungslage zeigt deutliche Unterschiede zwischen Niedersachsen und dem Saarland:
Aspekt Niedersachsen Saarland
Politische Initiativen Keine spezifischen aktuellen Initiativen zur Verbesserung der Endometrioseversorgung. Aktive politische Maßnahmen zur Stärkung der geschlechtersensiblen Medizin und zur Entstigmatisierung von Endometriose.
Versorgungsstrukturen Diverse Kliniken und Fachärzte, jedoch keine zentrale Koordination oder spezielle Programme. Geplante öffentliche Anhörungen und Initiativen zur Verbesserung der Versorgung.
Forschung & Aufklärung Eingeschränkte Forschung und wenig öffentliche Aufklärung. Initiativen zur Förderung von Forschung und Aufklärung.
Patientenorganisationen Vorhandene Selbsthilfegruppen, aber begrenzter politischer Einfluss. Starke Selbsthilfeorganisationen, die aktiv in politische Prozesse eingebunden sind.
Aktuelle Entwicklungen Keine neuen Programme oder Gesetze. Beschlüsse zur Verbesserung der Versorgung und zur Erhebung geschlechtsspezifischer Gesundheitsdaten.
Fazit: Das Saarland ist in der endometriologischen Versorgung politisch und strukturell deutlich aktiver. Niedersachsen hat hier erheblichen Nachholbedarf – sowohl in der Forschung und Aufklärung als auch in der gesundheitspolitischen Prioritätensetzung.
4. Politische Verantwortung
Gesundheitspolitik ist immer auch Gleichstellungspolitik. Geschlechtersensible Medizin muss strukturell verankert werden – in der universitären Lehre, in den Gesundheitsberufen, in der Forschung, in der Prävention und in der öffentlichen Aufklärung. Nur so können Versorgungsdefizite überwunden und echte Gleichstellung im Gesundheitssystem erreicht werden.
Forderungen:
Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit im SPD-Bezirk Hannover die SPD auf, sich in Niedersachsen, im Bund und im Bundesrat dafür einzusetzen, dass:
1. Gesundheitsberichterstattung und Gender Data Gap:
- die Gesundheitsberichterstattung um geschlechtersensible Daten erweitert und öffentlich zugänglich gemacht wird,
- vorhandene Forschung zu geschlechtsspezifischen Unterschieden stärker gefördert wird.
2. Verankerung in Ausbildung und Lehre:
- geschlechtersensible Medizin verbindlich in die Approbationsordnung der Ärzt*innen sowie in die Ausbildung anderer Gesundheitsberufe aufgenommen wird,
- die Bedeutung geschlechtersensibler Medizin frühzeitig in Studium und Berufsausbildung vermittelt wird.
3. Aufklärung und Information:
- breit angelegte Informationskampagnen über Endometriose und andere geschlechtersensible Gesundheitsthemen gestartet werden,
- insbesondere Schulen und Arbeitgeber*innen in die Aufklärungsarbeit einbezogen werden.
4. Nationale Endometriose-Strategie:
- eine bundesweite Strategie entwickelt wird, die eine bessere medizinische Behandlung, angemessene Vergütung, Unterstützung bei Kinderwunschbehandlungen sowie eine umfassende Entstigmatisierungskampagne umfasst.
5. Versorgungsstrukturen und Vergütung:
- bestehende Versorgungszentren – wie das Endometriosezentrum am Universitätsklinikum des Saarlandes – als Vorbilder dienen,
- die Vergütungssysteme so angepasst werden, dass geschlechtersensible Medizin nicht benachteiligt wird, sondern gezielt gefördert werden kann.
Schlussfolgerung:
Die SPD muss die führende politische Kraft sein, die Gesundheitspolitik konsequent an den Bedürfnissen aller Geschlechter ausrichtet. Geschlechtersensible Medizin verbessert die Versorgung der gesamten Bevölkerung.
Der Vergleich mit dem Saarland zeigt: Niedersachsen muss dringend nachziehen, um Betroffenen von Endometriose und anderen geschlechtsspezifischen Erkrankungen eine bessere Versorgung zu sichern.
Mit diesem Antrag setzt die AfA im SPD-Bezirk Hannover ein deutliches Signal für eine gerechte, moderne und solidarische Gesundheitspolitik.