Wir leben derzeit im permanenten Krisenmodus. Nach der weltweiten Corona-Krise spüren wir jetzt seit über einem Jahr auch hier bei uns die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Und bei alledem haben die großen Bewegungen unserer Zeit ja nicht plötzlich aufgehört: Die Klimakrise ist präsenter denn je, Wirtschaft und Arbeit verändern sich durch eine rasante digitale Transformation – und bei alledem sind unsere demokratischen Gesellschaften mit permanenten Angriffen von Feinden der Demokratie durch Desinformation und Verschwörungstheorien konfrontiert.
Diese Zeiten sind für demokratische Politik eine besondere Bewährungsprobe. Und für uns Sozialdemokrat:innen gilt das umso mehr. Gerade deshalb wird die Europawahl im kommenden Jahr so entscheidend sein. Die Europäische Union selbst steht nicht infrage, wohl aber welchen Weg sie nimmt. Werden wir ein Europa der Guten Arbeit, in dem wir die Transformation meistern und die Balance zwischen Wirtschaft und Umwelt herstellen? Werden wir ein Europa, dass den Menschen in den Mittelpunkt stellt, oder verharren wir in einer Union mit dem Binnenmarkt als kleinstem gemeinsamen Nenner? Halten wir ein Europa zusammen, das Frieden, Freiheit und Recht ausstrahlt oder dividieren wir uns auseinander? Welchen Weg nimmt unser Europa? Darüber entscheiden wir bei der Wahl zum Europäischen Parlament im kommenden Jahr. Wir sind davon überzeugt: Europa braucht eine starke Sozialdemokratie. Folgende Themen sind uns dabei wichtig:
- Mit einer Richtlinie hat sich die EU im Oktober 2022 erstmals auf das Prinzip des Mindestlohns als gemeinsamem Maßstab geeinigt. Der nächste Schritt muss folgen: Wir brauchen eine EU-Rechtssetzung für einen gesetzlichen Mindestlohn in allen EU-Mitgliedsstaaten und einen verbindlichen Pfad zu einem gemeinsamen europäischen Mindestlohnniveau. Zudem müssen weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Tarifbindung folgen – 80 Prozent sind in der EU das Ziel, in Deutschland profitieren jedoch nur 44% der Beschäftigten von Tarifbindung. Hierfür müssen die Tarifpartner gesetzlich gestärkt werden.
- Das drängendste Thema der nächsten Jahre ist die Gestaltung der Transformation. Hierfür ist passgenaue Weiterbildung der Schlüssel: Weil sich über 90 Prozent der Berufe ändern werden, müssen ebenso viele Beschäftigte weitergebildet werden. Die EU muss hierfür eine europaweite Up- und Reskilling-Initiative starten und finanziell ausstatten.
- Mit dem Verbot für neue Verbrenner-Fahrzeuge ab 2035 hat die EU kürzlich einen klaren Weg geebnet. Ebenso klare Entscheidungen für andere Sektoren stehen jedoch noch aus: Die EU muss einen Ausstiegstermin für fossile Energieerzeugung definieren und zugleich den Umstieg in erneuerbare Energien noch wesentlich stärker fördern. Hierbei muss die öffentliche, demokratisch legitimierte Kontrolle über die Energieerzeugung und -verteilung gestärkt werden.
- Das absolute Marktprinzip war bisher der herrschende Konsens in der EU. Dies hatte auch Auswirkungen auf das Steuerrecht: Während große Konzerne eine effektive Besteuerung weiterhin umgehen können, müssen Kommunen hier bei uns derzeit mit erheblichem Aufwand prüfen, welche gemeindliche Leistungen umsatzsteuerpflichtig sein könnten, da sie ja womöglich auch von privaten Dritten erbracht werden könnten. Dieses Prinzip untergräbt den umfassenden Grundsatz der öffentlichen Daseinsvorsorge und führt in der Praxis vor allem zu mehr Bürokratie. Stattdessen müssen öffentlich-rechtliche Institutionen in ihrer Leistungserbringung weiterhin steuerbefreit bleiben, insbesondere Bildung und soziale Dienstleistungen müssen in der EU grundsätzlich umsatzsteuerfrei bleiben.
- Im Bereich der Bürgerrechte, vor allem im digitalen Raum, muss die EU mit der technologischen Entwicklung schritthalten. Mit stärkerer Rechtssetzung zur Verhinderung von Fake News und Desinformation und zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) muss die EU einen Ordnungsrahmen für das digitale Zeitalter schaffen.
- Der größte Wert der EU ist ihre Rolle als Friedensmacht. Sie muss weiterhin mit einer Stimme gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine einstehen. Vor allem aber muss die EU im Inneren vollendet werden, vor allem durch den erfolgreichen Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit den Kandidatenstaaten des Balkans. Albanien, Bosnien und Herzegowina, Moldau, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien liegen inmitten der EU, sie müssen zeitnah Teil der Union werden.
- Niedersachsen bereichert und profitiert zugleich erheblich von der Europäischen Union. Doch insbesondere bei der Umsetzung von EU-Förderprogrammen ist zuletzt der bürokratische Aufwand erheblich angestiegen. Hierfür müssen die Verfahren so angepasst werden, dass die Ziele des Förderrahmens klarer und eindeutiger definiert, zugleich aber die Umsetzung flexibler gestaltet wird.
Adressat:
SPE-Fraktion
SPD-Bundestagsfraktion
SPD-Landtagsfraktion
Wir leben derzeit im permanenten Krisenmodus. Nach der weltweiten Corona-Krise spüren wir jetzt seit über einem Jahr auch hier bei uns die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Und bei alledem haben die großen Bewegungen unserer Zeit ja nicht plötzlich aufgehört: Die Klimakrise ist präsenter denn je, Wirtschaft und Arbeit verändern sich durch eine rasante digitale Transformation – und bei alledem sind unsere demokratischen Gesellschaften mit permanenten Angriffen von Feinden der Demokratie durch Desinformation und Verschwörungstheorien konfrontiert.
Diese Zeiten sind für demokratische Politik eine besondere Bewährungsprobe. Und für uns Sozialdemokrat:innen gilt das umso mehr. Gerade deshalb wird die Europawahl im kommenden Jahr so entscheidend sein. Die Europäische Union selbst steht nicht infrage, wohl aber welchen Weg sie nimmt. Werden wir ein Europa der Guten Arbeit, in dem wir die Transformation meistern und die Balance zwischen Wirtschaft und Umwelt herstellen? Werden wir ein Europa, dass den Menschen in den Mittelpunkt stellt, oder verharren wir in einer Union mit dem Binnenmarkt als kleinstem gemeinsamen Nenner? Halten wir ein Europa zusammen, das Frieden, Freiheit und Recht ausstrahlt oder dividieren wir uns auseinander? Welchen Weg nimmt unser Europa? Darüber entscheiden wir bei der Wahl zum Europäischen Parlament im kommenden Jahr. Wir sind davon überzeugt: Europa braucht eine starke Sozialdemokratie. Folgende Themen sind uns dabei wichtig:
- Mit einer Richtlinie hat sich die EU im Oktober 2022 erstmals auf das Prinzip des Mindestlohns als gemeinsamem Maßstab geeinigt. Der nächste Schritt muss folgen: Wir brauchen eine EU-Rechtssetzung für einen gesetzlichen Mindestlohn in allen EU-Mitgliedsstaaten und einen verbindlichen Pfad zu einem gemeinsamen europäischen Mindestlohnniveau. Zudem müssen weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Tarifbindung folgen – 80 Prozent sind in der EU das Ziel, in Deutschland profitieren jedoch nur 44% der Beschäftigten von Tarifbindung. Hierfür müssen die Tarifpartner gesetzlich gestärkt werden.
- Das drängendste Thema der nächsten Jahre ist die Gestaltung der Transformation. Hierfür ist passgenaue Weiterbildung der Schlüssel: Weil sich über 90 Prozent der Berufe ändern werden, müssen ebenso viele Beschäftigte weitergebildet werden. Die EU muss hierfür eine europaweite Up- und Reskilling-Initiative starten und finanziell ausstatten.
- Mit dem Verbot für neue Verbrenner-Fahrzeuge ab 2035 hat die EU kürzlich einen klaren Weg geebnet. Ebenso klare Entscheidungen für andere Sektoren stehen jedoch noch aus: Die EU muss einen Ausstiegstermin für fossile Energieerzeugung definieren und zugleich den Umstieg in erneuerbare Energien noch wesentlich stärker fördern. Hierbei muss die öffentliche, demokratisch legitimierte Kontrolle über die Energieerzeugung und -verteilung gestärkt werden.
- Das absolute Marktprinzip war bisher der herrschende Konsens in der EU. Dies hatte auch Auswirkungen auf das Steuerrecht: Während große Konzerne eine effektive Besteuerung weiterhin umgehen können, müssen Kommunen hier bei uns derzeit mit erheblichem Aufwand prüfen, welche gemeindliche Leistungen umsatzsteuerpflichtig sein könnten, da sie ja womöglich auch von privaten Dritten erbracht werden könnten. Dieses Prinzip untergräbt den umfassenden Grundsatz der öffentlichen Daseinsvorsorge und führt in der Praxis vor allem zu mehr Bürokratie. Stattdessen müssen öffentlich-rechtliche Institutionen in ihrer Leistungserbringung weiterhin steuerbefreit bleiben, insbesondere Bildung und soziale Dienstleistungen müssen in der EU grundsätzlich umsatzsteuerfrei bleiben.
- Im Bereich der Bürgerrechte, vor allem im digitalen Raum, muss die EU mit der technologischen Entwicklung schritthalten. Mit stärkerer Rechtssetzung zur Verhinderung von Fake News und Desinformation und zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) muss die EU einen Ordnungsrahmen für das digitale Zeitalter schaffen.
- Der größte Wert der EU ist ihre Rolle als Friedensmacht. Sie muss weiterhin mit einer Stimme gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine einstehen. Vor allem aber muss die EU im Inneren vollendet werden, vor allem durch den erfolgreichen Abschluss der Beitrittsverhandlungen mit den Kandidatenstaaten des Balkans. Albanien, Bosnien und Herzegowina, Moldau, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien liegen inmitten der EU, sie müssen zeitnah Teil der Union werden.
- Niedersachsen bereichert und profitiert zugleich erheblich von der Europäischen Union. Doch insbesondere bei der Umsetzung von EU-Förderprogrammen ist zuletzt der bürokratische Aufwand erheblich angestiegen. Hierfür müssen die Verfahren so angepasst werden, dass die Ziele des Förderrahmens klarer und eindeutiger definiert, zugleich aber die Umsetzung flexibler gestaltet wird.