Was ist eigentlich Reproduktionsarbeit? Auch wenn, im Gegensatz zur produktiven Arbeit, am Ende der reproduktiven Arbeit kein greifbares Produkt steht, hat sie für die Gesellschaft einen enormen Wert. Die Reproduktionsarbeit reproduziert – entsprechend ihrem Namen – die produktive Arbeitskraft. Dazu gehört Sorgearbeit wie Kindererziehung, Hausarbeit und Pflegearbeit. Das kann sowohl in Form von Erwerbsarbeit, wie bei Krankenpfleger*innen oder Erzieher*innen passieren, oder auf unbezahlter, privater Basis.
Die Reproduktionsarbeit wird in Deutschland zu 80 Prozent von Frauen*geleistet (Statistisches Bundesamt 2013). Gleichzeitig muss frau* auch wirtschaftlich erfolgreich sein, um ihr Leben unabhängig zu leben. Das führt zu einer enormen Doppelbelastung.
Diese Ungerechtigkeit lässt sich in Zahlen anschaulich machen: Insgesamt arbeiten Frauen* pro Woche 45,5 Stunden, Männer* ungefähr eine Stunde weniger. Doch rund zwei Drittel der Arbeit von Frauen* ist unbezahlt. Bei Männern* ist es weniger als die Hälfte. Hinzu kommt, dass 45 Prozent aller erwerbsfähigen Frauen* in Teilzeit arbeiten. Noch prekärer ist die Situation für Mütter. Sie arbeiten im Schnitt sieben Stunden weniger bezahlt und 15 Stunden mehr unbezahlt, als kinderlose Frauen* (Statistisches Bundesamt 2013).
Doch das Problem betrifft natürlich nicht nur Mütter. Auch Frauen*, die in kinderlosen Partnerschaften leben, in denen beide Vollzeit arbeiten, machen einen Großteil der Hausarbeit. Mehr sogar als alleinstehende Frauen*. Das macht deutlich, wie selbstverständlich es für viele Männer* immer noch ist, dass die Frau* Haushalt, Familie und ein eigenes Arbeitsleben unter einen Hut bringen muss. Auch Männer*, die von ihrer Partnerschaft behaupten, sie sei gleichberechtigt und emanzipiert, sprechen häufig nur davon, dass sie ihrer Frau* im Haushalt helfen würden. Das demonstriert ein weiteres Mal, dass die Hauptverantwortung im Haushalt in den Köpfen vieler noch immer bei der Frau* zu liegen hat.
Diese Doppelbelastung aus Sorgearbeit und Beruf führt auch zu gesellschaftlichen Einschränkungen für Frauen*. Dazu gehört, dass Frauen* weniger Zeit haben für anderes (z.B. politisches) gesellschaftliches Engagement. Ein Problem, das auch bei uns Jusos immer wieder schmerzhaft zu spüren ist.
Traurig aber vermutlich wahr: Es ist davon auszugehen, dass die Wertschätzung der Reproduktionsarbeit proportional zur Beteiligung von Männern* steigen würde. Daher sind hier die Männer* in der Pflicht, vermeintlich unliebsame Arbeiten auf Frauen* nicht abzuschieben. Außerdem würde ein größerer männlicher Anteil in Sorgeberufen auch deren gerechte Entlohnung fördern.
Der Equal Care Day wurde ins Leben gerufen, um an genau diese Ungleichheit in der Last der Reproduktionsarbeit zwischen Männern und Frauen* zu erinnern. Alle vier Jahre wird er am 29. Februar begangen. Damit wird demonstriert, dass Männer* die Arbeit, die Frauen* in einem Jahr machen, erst nach vier Jahren geleistet haben.
Wir möchten nicht darauf hinweisen, wie wenig Männer* in der Reproduktionsarbeit machen, sondern darauf, wie viel Frauen* in diesem Gebiet leisten. Wir fordern, dass der Equal Care Day nicht nur alle vier Jahre stattfindet, sondern jedes Jahr am 31. März. Das ist der Tag, an dem Frauen* seit Jahresbeginn so viel Reproduktionsarbeit geleistet haben, wie Männer* es im gesamten Jahr tun werden. Sorgearbeit ist Alltag für alle Frauen*. Es kann nicht ausreichen, nur alle vier Jahre auf den Gender-Care-Gap aufmerksam zu machen. Natürlich kann der ECD erst einmal nur für Aufmerksamkeit sorgen, es müssen konkrete Schritte folgen, durch die Frauen* entlastet werden können. Dazu gehört, dass Lohngleichheit geschaffen werden muss, denn ungleiche Löhne stehen gleicher Verteilung der Sorgearbeit entgegen.