Der SPD-Bezirksparteitag fordert die SPD-Landesregierung und die SPD-Bundespartei auf, sich für verbesserte Lebensverhältnisse aller Bürgerinnen und Bürger und vor allem der Kinder im ländlichen Raum einzusetzen. Von besonderer Bedeutung für eine Verbesserung sind die Bereiche Mobilität, Wohnen, Gesundheitsversorgung, Grundschulen und Kindertagesstätten als Teilgebiete einer funktionierenden Infrastruktur.
Seit 1994 ist der Begriff der „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ im Grundgesetz zu finden. Dies bezieht sich auf raumordnerische Vorgaben. Tatsächlich hat sich die Situation im ländlichen Raum u.a. durch den demografischen Wandel und die daraus resultierenden Folgen erheblich zu Ungunsten des ländlichen Raums verändert. Es ist sicher richtig: Förderprogramme zur Stärkung der ländlichen Regionen sind gerade auch in Niedersachsen vorhanden und erfolgreich (genannt sei hier das Südniedersachsenprogramm), aber die Kosten zum Erhalt der bestehenden Infrastruktur steigen kontinuierlich, die Einnahmen der kommunalen Haushalte sind jedoch konjunkturabhängig und gerade in den strukturschwachen Gebieten im Vergleich rückläufig. Unser Ziel muss es sein, für alle Bürgerinnen und Bürger und besonders für unsere Kinder gleichwertige Verhältnisse in Niedersachsen zu schaffen.
Mobilität
Die Angebote im ÖPNV sind im ländlichen Raum im Wesentlichen an den Schülerverkehr geknüpft. Im Zuge der zurückgehenden Schülerzahlen wurden sowohl das Angebot als auch die Taktung der vorhandenen Bus- und Bahnlinien immer weiter reduziert, gleichzeitig sind die Tarife im ländlichen Raum so hoch, dass die Nutzung des ÖPNV insbesondere auch für Arbeitnehmer in vielen Bereichen unattraktiv ist. Die Landesregierung sei an dieser Stelle noch einmal an die schon beschlossene Übernahme der Kosten für die Kinder in der Sek II und in schulischer Ausbildung erinnert. Kinder, die mit ihren Familien abseits der Ober- und Mittelzentren leben, dürfen im Bildungsbereich nicht benachteiligt werden. Die Erkenntnis, dass wir angesichts der zurückgehenden Bevölkerungszahlen in einem sich als „Bildungsgesellschaft“ verstehenden Land geradezu verpflichtet sind, jedem Kind eine möglichst gute (Aus-)Bildung anzubieten, zwingt uns zum Erhalt dieser notwendigen Infrastruktur und einem nutzerfreundlichen Angebot im ÖPNV.
Wohnen
Wenn wir wollen, dass abseits der Zentren die Dörfer lebendig bleiben, müssen wir Anreize schaffen, dass bestehende Bausubstanz weiter genutzt wird. Der ländliche Raum benötigt daher auch ein gut ausgestattetes Programm „Jung kauft Alt“ zur Unterstützung kommunaler Programme in Dörfern mit erheblichen Leerständen finanziert vom Bund und Land. Einzelne Gemeinden haben Erfahrungen mit Jung-kauft-Alt in der Höhe von ein paar Tausend Euro gemacht. Der Ansatz hat sich bewährt, aber wegen zu geringen Budgets und vor allem zu niedrigen Förderbeträgen nur in Grenzen. Junge Familien wollen gern auf dem Land Eigentum erwerben, die Gebäude sind meist günstig, teuer sind die Modernisierungskosten. Auch besteht ein hohes Risiko des Wertverlustes bei Wiederverkauf. Um einen echten Anreize zu schaffen, müssen Beträge je nach Objekt im 5-stelligen Bereich in Aussicht gestellt werden.
Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum
Von der Landesregierung sind in den letzten vier Jahren einige Programme zur Verbesserung der Versorgung im ländlichen Raum und auch besonders aktuell zur Sanierung von Krankenhäusern auf den Weg gebracht worden. Die ambulante Versorgung soll nach den Vorstellungen der Landesregierung ebenfalls verstärkt werden. Es muss für jeden Ort in ländlichen Regionen die Erreichbarkeit der Krankenhäuser und der ambulanten Zentren über den ÖPNV gewährleistet sein, ebenso muss es politischer Wille sein, dass die Finanzierung der gesundheitlichen Vorsorge nicht von den einzelnen ländlichen Kommunen zu erbringen ist. Angebote der ärztlichen Versorgung müssen im ländlichen Raum für alle Altersgruppen verbessert werden. Dazu gehört neben der Betreuung durch Allgemeinmedizinische Praxen auch eine erkennbare Facharztdichte.
Unterstützung der Kommunen bei der Finanzierung der KITAS und Erhaltung bzw. Unterhaltung der Grundschulgebäude
Warum sind die ländlichen Gemeinden im besonderen Maße finanziell belastet? Zielsetzung auch der ländlichen Gemeinden ist es, ein möglichst wohnortnahes Angebot im Bereich der Kindertagesstätten zur Verfügung zu stellen und eine hohe Qualität zu bieten. Hier liegt das Problem, denn gerade kleinere Einrichtungen haben Auslastungsdefizite. Heute hilft es wenig, einen Halbtagskindergarten von 8-12 Uhr einzurichten. Die Familien benötigen individuelle Betreuungszeiten von 7 bis 17 Uhr, auch – und gerade – auf dem Land. Wenn wir weiterhin dem Leben auf dem Land mit Kindern eine Chance geben wollen, müssen wir hier Instrumente finden, die Kommunen im ländlichen Raum bei den laufenden Kosten besser und effektiver unterstützen. Die angekündigte Übernahme der Elternbeiträge für das 1. und 2. Kindergartenjahr ist der richtige Schritt der SPD Niedersachsen, um allen Kindern gleiche Bildungschancen von Anfang an zu bieten und die Familien zu entlasten. Die Attraktivität eines Dorfes – insbesondere für junge Familien – steht und fällt mit vorhandener Infrastruktur für Betreuung und Bildung jüngerer Kinder. Deshalb müssen noch vorhandene kleine Grundschulen in Dörfern oder Ortsteilen, die relativ weit von Grund- und Mittelzentren entfernt sind, erhalten werden. Hierbei ist es wichtig, dass die Kommunen bei der Erhaltung und Unterhaltung der Schulgebäude finanziell unterstützt werden. Die Kostenübernahme durch das Land muss sich aber dynamisch den künftigen Kostensteigerungen anpassen. Die kommunalen Haushalte müssen in diesem Bereich entlastet werden, damit die notwendigen Angebote und Qualitätsstandards auch im ländlichen Raum erhalten bleiben. Der Erhalt dieser Infrastruktur und besonders die Unterstützung der Kommunen im Bereich der Kindertagesstätten sind von elementarer Bedeutung für den ländlichen Raum.
Erledigt durch Beschlussfassung des SPD-Bezirksparteitages vom 12. September 2015 in Hildesheim.
Auf dem genannten Bezirksparteitag wurde der Beschluss „LandLebensWert! Unser Aktionsprogramm für ländliche Räume“ gefasst. Auf dem anschließenden Landesparteitag am 9. April 2016 in Braunschweig wurde dieser Beschluss bestätigt.
Beschlussdokumentation (Seite 50 ff.):
https://www.spdnds.de/wp-content/uploads/sites/
77/2017/05/beschlussbuch_lpt_2016_final.pdf
Da noch nicht alle Forderungen umgesetzt wurden, wird zudem empfohlen, den Antrag als Material an die Landtagsfraktion zu überweisen.