Bei der Bundestagswahl 2025 hat die gesichert rechtsextreme Partei „Alternative für Deutschland” (AfD) rund 20 % der Stimmen erhalten. Damit ist sie die zweitstärkste Partei im Deutschen Bundestag geworden. Die Wahlergebnisse waren ein Schock für alle, denen unsere Demokratie am Herzen liegt – insbesondere für jene, die nicht in das faschistische Weltbild der AfD passen und ihrem Hass und ihrer Hetze direkt ausgesetzt sind. Die AfD stellt aufgrund ihrer rechtsradikalen Ideologie und ihrer Wahlerfolge eine existenzielle Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung dar. Dagegen können wir uns nicht mehr mit Sonntagsreden für die Demokratie wehren. Es braucht endlich eine wehrhafte Reaktion des Rechtsstaats gegen die Faschist*innen! Es ist Zeit, zum schärfsten Schwert des Rechtsstaats gegen Verfassungsfeinde zu greifen: das Verbot der AfD.
Es müssen Taten folgen: Jetzt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe einsetzen!
Der SPD-Bundesparteitag, der Landesparteitag der niedersächsischen SPD und Parteitage von weiteren SPD-Gliederungen haben daher bereits Beschlüsse gefasst, die sich für einen Prüfantrag des AfD-Parteiverbots beim Bundesverfassungsgericht aussprechen. Diese Beschlüsse bekräftigt der SPD-Bezirk Hannover. Die Verteidigung unserer Demokratie ist schon lange ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt unseres Bezirks.
Ein zentraler Bestandteil des Beschlusses Ini01 vom Bundesparteitag 2025 ist die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die das nötige Material für ein Feststellungsverfahren zusammentragen und so ein Verbotsverfahren strukturiert vorbereiten soll. Das Material soll dann von Gutachter*innen dahingehend bewertet werden, ob damit der Nachweis der Verfassungswidrigkeit der AfD erbracht werden kann.
Es ist richtig, dass die SPD sich nicht mit symbolischen Verbotsforderungen zufrieden gibt, sondern skizziert, wie der Weg zum Parteiverbot der AfD praktisch aussehen muss. Allerdings verpflichtet dieser Beschluss die SPD auch, die konkret beschriebenen Schritte zu gehen. Bislang ist die Bund-Länder-Arbeitsgruppe nicht eingesetzt worden und von der Union gibt es keine Signale der Unterstützung für ein entschlossenes juristisches Vorgehen gegen die AfD. Gerade weil ein solches Feststellungsverfahren gut vorbereitet sein muss und die Vorbereitung viel Zeit benötigen wird, weil es zudem von politischen Mehrheiten in den antragsberechtigten Verfassungsorganen abhängig ist, die durch das Erstarken der AfD immer weiter dahinschmelzen, darf mit der Einrichtung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe nicht länger gewartet werden. Wir fordern deshalb die schnellstmögliche Einberufung einer Sondersitzung der Innenminister*innenkonferenz, um die Einrichtung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zu beschließen! Es reicht nicht, bis zum regulären Sitzungstermin im Dezember 2025 damit zu warten.
Kein „Entweder-oder”: Jetzt alle Mittel der wehrhaften Demokratie einsetzen!
Unsere Demokratie muss wehrhaft sein gegenüber ihren Feind*innen. Die Einleitung eines AfD-Verbotsverfahrens ist dafür der richtige Weg. Es ist ein langwieriger Prozess, bei dem das Bundesverfassungsgericht sorgfältig prüfen wird, ob die Voraussetzungen für ein Verbot vorliegen. Bis dahin müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden. Ein bundesweit einheitlicher Umgang, wie ihn die Innenminister*innen der Länder fordern, wäre zu begrüßen. Solange der Bundesinnenminister jedoch blockiert, müssen die SPD-geführten Bundesländer vorangehen und dürfen sich nicht vom Bund vertrösten lassen.
Wir fordern über ein Parteiverbot hinaus:
- den Entzug der Parteienfinanzierung für die AfD;
- das Verbot einzelner, gesichert rechtsextremer Landesverbände, wie beispielsweise der AfD-Thüringen, in welchem Björn Höcke aktiv ist;
- Keine Bühne für die AfD im öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR). Der ÖRR darf gegenüber einer eindeutigen rechtsextremen Partei nicht mehr neutral bleiben;
- Klare Abgrenzung der demokratischen Parteien gegen jede Zusammenarbeit mit oder Rhetorik von der AfD;
- AfD nahestehende Vereine und Vorfeldorganisationen müssen mit dem Rückgriff auf das Vereinsrecht verboten werden;
- Prüfung von Maßnahmen gegen erwiesen rechtsextreme Einzelpersonen, z.B. durch Grundrechtsverwirkung nach Art. 18 GG;
- Entzug des Beamtenstatus für AfD-Mitglieder im öffentlichen Dienst bei nachgewiesenem Verstoß gegen die Verfassungstreue.
Wähler*innen zurückgewinnen: Durch soziale Politik und klare Abgrenzung von Rechts
Am 29. Januar 2025 wurde ein Dammbruch vollzogen. Die Unions-Fraktion unter Friedrich Merz und die FDP haben in einem Entschließungsantrag der Union mutwillig mit der AfD gestimmt. Damit wurde erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg einer rechtsextremistischen Partei Legitimierung durch demokratische Parteien gegeben. Im April 2025 hat auch der jetzige Fraktionschef der Union, Jens Spahn, für einen offeneren Umgang mit der AfD geworben. All das zeigt, wie groß die Versuchung in Teilen von CDU/CSU ist, rechtsextreme Mehrheiten mit der AfD zu bilden. Die historische Erfahrung zeigt aber, dass die Zusammenarbeit von Konservativen mit Rechtsextremen weder zu ihrer Entzauberung noch zu ihrer Einhegung führt, sondern ihnen den Weg zur Macht ebnet. Konservative, die mit Rechtsextremen zusammenarbeiten, machen sich zu den Steigbügelhalter*innen des Faschismus. Wir fordern die Union daher dazu auf, sich öffentlich dazu zu bekennen, dass es keine Kooperation, keine Zusammenarbeit, keine Absprachen, keine gemeinsamen Anträge und keine parlamentarischen Ämter für die AfD geben darf! Das gilt auf allen politischen Ebenen.
Doch die Normalisierung der AfD beginnt nicht erst mit der Zusammenarbeit, sondern bereits mit der Übernahme von Inhalten und thematischen Schwerpunkten. Wir stellen uns deshalb jeder Übernahme von Inhalten, Methoden und Sprache der AfD entgegen. Jede Form der Normalisierung rechtsextremer Politik öffnet den Raum für weitere Radikalisierung. Das Bröckeln der Brandmauer beginnt nicht bei gemeinsamen Anträgen. Es beginnt dabei, wenn demokratische Parteien versuchen, die AfD aus taktischen Gründen zu imitieren. Diesen Versuch mussten wir bereits während der Ampel-Koalition beobachten und noch deutlicher im schwarz-roten Koalitionsvertrag. Die Asylpolitik, die die Union dem schwarz-roten Koalitionsvertrag aufgedrückt hat, ist von den Wahlprogrammen der AfD kaum noch zu unterscheiden. Im Bundestagswahlkampf lieferten sich die Kandidaten Scholz und Merz einen Wettstreit, wer am meisten und am härtesten abschieben würde. Dieser massive Rechtsruck der demokratischen Parteien führt eben nicht zur Schwächung der AfD, wie zuletzt die Bundestagswahl 2025 gezeigt hat. Es stärkt sie, indem es ihre menschenfeindlichen Positionen normalisiert. Die SPD muss sich deshalb jeder Normalisierung nicht nur der AfD, sondern auch der AfD-Inhalte entgegenstellen und sich in allen öffentlichen Debatten offensiv rechten Erzählungen entgegenstellen!
Parteien, die darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik gefährden, sind gem. Art. 21 Abs.2 GG verfassungswidrig. Über die Verfassungswidrigkeit kann gem. Art. 21 Abs.4 GG nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Der Prüfantrag als notwendige Voraussetzung kann nur vom Bundestag, Bundesrat oder der Bundesregierung gestellt werden. Die tatsächliche Entscheidung über das Verbot trifft allein das Bundesverfassungsgericht (Verwerfungsmonopol) auf Basis einer rechtlichen Prüfung.
Die Möglichkeit des Parteiverbots ist Ausdruck des Prinzips der wehrhaften Demokratie. Nicht zuletzt als Lehre aus der NS-Zeit soll verhindert werden, dass Verfassungsfeinde die den Parteien durch das Grundgesetz garantierten Privilegien nutzen, um die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beseitigen. Es ist nicht erforderlich, dass sich die Verfassungswidrigkeit bereits aus dem offiziellen Programm der Partei ergibt. Äußerungen von Vertreter*innen der Partei, Gliederungen oder Aussagen auf Werbematerialien können der Partei zugerechnet werden.
Die Entscheidung über das Einleiten eines Partei-Verbots kann nicht taktisch getrieben, sondern muss Ergebnis grundsätzlicher Erwägungen sein. Sobald überzeugende Belege für die Verfassungswidrigkeit einer Partei vorliegen, ist es die demokratische Pflicht der antragsberechtigten Verfassungsorgane, mit einem Antrag die Prüfung der Verfassungsgemäßheit einer Partei zu ermöglichen. Die antragsberechtigten Verfassungsorgane müssen mit ihrem Prüfantrag in Verantwortung für den Schutz unserer Demokratie und Verfassung die Voraussetzung für ein AfD-Verbotsverfahren schaffen.