Ini-01 100 Jahre Vision „Vereinigte Staaten von Europa“ Raus aus der Schwäche: Europa muss stärker werden!

„Sie [die SPD] tritt ein für die aus wirtschaftlichen Ursachen zwingend gewordene Schaffung der europäischen Wirtschaftseinheit, für die Bildung der Vereinigten Staaten von Europa, um damit zur Interessensolidarität der Völker aller Kontinente zu gelangen.“

– Aus dem Heidelberger Programm der SPD von 1925 –

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben vor genau 100 Jahren im Heidelberger Programm von 1925 die Vision der Vereinigten Staaten von Europa formuliert. Dieses Ziel – eine starke, geeinte, soziale und innovative Europäische Union – müssen wir mit mehr Nachdruck als zuvor verfolgen. Denn: Ein starkes Europa ist auch die Grundlage für ein starkes Niedersachsen.

Aber: Die Europäische Union präsentiert sich derzeit schwach – politisch angegriffen, ökonomisch und sozial unter Druck. Nationalistische Kräfte gewinnen an Einfluss, Solidarität wird durch Egoismus ersetzt, und wichtige Zukunftsfragen bleiben unbeantwortet. Gerade jetzt müsste Europa stärker sein als je zuvor, um die globalen Herausforderungen gemeinsam zu bestehen. Deshalb fordern wir:

1. Investitionen in den Europäischen Binnenmarkt:
Der Binnenmarkt ist das wirtschaftliche Rückgrat Europas – und die Basis, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Doch er braucht neue Impulse: durch Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz, Digitalisierung, Infrastruktur und Bildung. Wir fordern eine Fortsetzung und Weiterentwicklung von Programmen wie „Next Generation EU“ mit einem klaren Fokus auf soziale Gerechtigkeit und nachhaltiges Wachstum. Ebenso muss der mehrjährige Finanzrahmen (MFR) entsprechend entwickelt werden, die Mittel sollen auch künftig vor Ort in den Ländern administriert werden. Der bisherige Europäische Fiskalpakt ist in diesem Kontext eine historische Investitionsbremse, die beseitigt werden muss. Öffentliche Investitionen müssen durch den Ausbau eines gerechtes europäisches Mindeststeuersystems flankiert werden, das insbesondere Konzerne und große Vermögen zur Verantwortung zieht.

 

2. Konsequent für ein regelbasiertes Welthandelssystem:
Was Trump als „größten Deal aller Zeiten“ und die Kommissionspräsidentin von der Leyen ebenso als „großen Deal“ bezeichneten, ist letztlich eine Kapitulation nicht nur vor den USA, sondern auch vor den eigenen Prinzipien eines regelbasierten, international definierten Handelssystems gewesen. Die EU darf diese Prinzipien nicht aufgeben und muss sich weltweit entsprechend positionieren – auch durch parallele Verhandlung und Abschluss entsprechender Abkommen.

 

3. Soziales Europa ausbauen: Tarifbindung stärken und bezahlbares Wohnen für alle in Europa
Die EU-Mindestlohnrichtlinie hätte bis November 2024 auch in Deutschland umgesetzt werden müssen. Was fehlt, ist ein echter Aktionsplan für mehr Tarifbindung in Deutschland – hierzu fordern wir die Bundesebene auf. Weiterhin fordern wir einen viel stärkeren Einsatz der EU für bezahlbares Wohnen. Fast überall in Europa explodieren Mietpreise, Menschen müssen vielfach über 40% ihres Einkommens für Wohnen aufwenden. Wir fordern ein europäisches Rahmenwerk, das das Recht auf bezahlbaren Wohnraum sichert – und über die Europäischen Fonds direkte Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, klare Regeln gegen Immobilienspekulation und die Förderung gemeinwohlorientierter Wohnmodelle ausbaut.

 

4. Offene Grenzen statt Abschottung
Europa lebt von der Freizügigkeit. Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, nationale Alleingänge und Mauern widersprechen dem Geist der EU. Wir fordern die Rückkehr zu einem geeinten Schengen-Raum ohne Binnengrenzen. Zugleich setzen wir uns für eine humane Flüchtlingspolitik ein, die Solidarität unter den Mitgliedstaaten stärkt und Menschenrechte schützt.

 

5. Die Europäische Union als geeinte Friedensstifterin:
Frieden ist die historische Grundlage und das zentrale Versprechen der EU. In einer Welt wachsender Spannungen und Kriegsbedrohung vor der direkten Außengrenze muss Europa seine Rolle als Friedensmacht aktiv wahrnehmen. Wir fordern eine kohärente Außenpolitik, die auf Diplomatie, Menschenrechten und fairer Partnerschaft basiert. Die EU muss zum Motor einer globalen Friedens- und Entwicklungspolitik werden – mit zivilen Konfliktlösungen und klarer Haltung gegenüber Kriegstreibern. Dazu gehört aber auch die Stärkung der eigenen Verteidigungsfähigkeit. Diese ergibt sich für uns aber nicht durch die NATO definierte Ausgaben in Höhe des BIPs, sondern stattdessen durch die konsequente Integration der nationalen Streitkräfte innerhalb der EU in eine Europäische Armee. Dieser Prozess kann mit einer Stärkung der gemeinsamen Beschaffung, der Bildung einzelner europäischer Truppenteile und eine tiefere Integration im Bereich der Nachrichtendienste und der Cyberabwehr.

Europa braucht einen sozialdemokratischen Aufbruch. Die Menschen erwarten Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit – nicht weniger, sondern mehr Europa mit mehr Gerechtigkeit, Solidarität und Zusammenhalt. Die SPD steht für ein soziales, offenes und starkes Europa. Wir fordern unsere Parteigremien und die SPD-Fraktionen in Bund und Europa auf, sich mit Nachdruck für die genannten Maßnahmen einzusetzen.

 

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme