Ge- Unsichtbare Frauen in der Wissenschaft – Maßnahmen gegen den Matilda-Effekt

Wissenschaft lebt von bahnbrechenden Entdeckungen, von Personen, die die Welt verändern – doch nicht alle erhalten die Anerkennung, die sie verdienen. Über Jahrhunderte hinweg wurden die Leistungen von Frauen in der Forschung kleingeredet, ignoriert oder gar männlichen Kollegen zugeschrieben. Ob Rosalind Franklin, deren bahnbrechende DNA-Forschung hinter Watson und Crick verschwand, oder Lise Meitner, die für die Entdeckung der Kernspaltung übergangen wurde – der Matilda-Effekt ist kein Relikt der Vergangenheit, sondern nach wie vor ein strukturelles Problem. 

Auch heute noch werden Frauen in der Wissenschaft systematisch benachteiligt: Sie erhalten weniger Fördermittel, ihre Arbeiten werden seltener zitiert und höhere akademische Positionen bleiben oft Männern vorbehalten. Die Anerkennung wissenschaftlicher Leistungen darf jedoch keine Frage des Geschlechts sein! Es ist höchste Zeit, den „Matilda-Effekt“ (benannt nach der US-amerikanischen Frauenrechtlerin Matilda Joslyn Gage) zu beenden und Frauen in der Wissenschaft die Anerkennung zu geben, die ihnen zusteht. 

Frauen sind in der Wissenschaft nach wie vor unterrepräsentiert: Obwohl sie etwa die Hälfte der Studienanfänger*innen und Promovierenden stellen, sinkt ihr Anteil mit jeder höheren Karrierestufe drastisch. Nur 28 % der Professuren in Deutschland sind von Frauen besetzt, und ihre Forschung wird seltener zitiert sowie geringer gefördert – ein klares Zeichen für strukturelle Benachteiligung, die es zu überwinden gilt. Zudem werden Frauen in der Wissenschaft bei Preisen und Ehrungen weiterhin übergangen, was ihre Sichtbarkeit und Karrierechancen zusätzlich einschränkt. Diese Zahlen verdeutlichen den sogenannten Leaky-Pipeline-Effekt, bei dem der Frauenanteil mit jeder höheren Karrierestufe in der Wissenschaft abnimmt. 

Der Matilda-Effekt hat auch heute noch weitreichende negative Konsequenzen:  

  • Weniger Anerkennung: Wissenschaftlerinnen erhalten für gleichwertige Leistungen weniger Sichtbarkeit und Anerkennung.  
  • Geringere Karrierechancen: Die geringere Anerkennung führt zu erschwerten Bedingungen beim Zugang zu Führungspositionen und prestigeträchtigen Projekten.  
  • Weniger Fördermittel: Frauen erhalten oft weniger Forschungsförderung, was ihre wissenschaftliche Arbeit und Karriereentwicklung einschränkt.  
  • Geringere Vorbildfunktion: Die geringe Sichtbarkeit erfolgreicher Wissenschaftlerinnen wirkt sich negativ auf den wissenschaftlichen Nachwuchs aus und kann junge Frauen davon abhalten, eine Karriere in der Forschung anzustreben. 

Um den Matilda-Effekt zu bekämpfen und die Chancengleichheit in der Wissenschaft zu fördern, fordern wir von den Hochschulen, den Forschungsförder- und Wissenschaftsorganisationen sowie allen Drittmittelgebern, der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung: 

  1. Transparente und geschlechtergerechte Bewertungsverfahren: Einführung standardisierter und transparenter Kriterien bei der Vergabe von Forschungsfördermitteln und Preisen, um geschlechtsspezifische Verzerrungen zu vermeiden. Drittmittelgeber*innen sollen geschlechtergerechte Förderkriterien implementieren. 
  2. Förderung von Wissenschaftlerinnen: Einrichtung weiterer spezieller Förderprogramme und Stipendien für Frauen in der Wissenschaft, insbesondere in den Übergangsphasen zwischen Promotion, Habilitation und Professur. 
  3. Mentoring- und Netzwerkprogramme: Aufbau von Mentoring-Programmen, die Nachwuchswissenschaftlerinnen mit erfahrenen Forscherinnen vernetzen, um den Austausch von Wissen und Erfahrungen zu fördern. 
  4. Sensibilisierung und Schulung: Durchführung regelmäßiger Schulungen und Workshops für Gutachter*innen, Entscheidungsträger*innen und wissenschaftliche Gremien zur Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Vorurteile und deren Auswirkungen. 
  5. Datenerhebung und Monitoring: Systematische Erfassung und Veröffentlichung von Daten zur Geschlechterverteilung in verschiedenen wissenschaftlichen Karrierestufen und Disziplinen, um Fortschritte und Handlungsbedarf transparent zu machen. 
  6. Anerkennung und Sichtbarkeit: Aktive Förderung der Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit, inklusive der Hervorhebung ihrer Beiträge in Publikationen, Konferenzen und Medien. 
  7. Verbindliche Gleichstellungspläne: Verpflichtung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Erstellung und Umsetzung konkreter Gleichstellungspläne mit klaren Zielvorgaben und Maßnahmen. 
  8. Bessere Arbeitsbedingungen und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft: Immer noch sind berufliche Wege in der Wissenschaft von langer Unsicherheit geprägt. Diese Unsicherheit verstärkt das Machtgefälle innerhalb der Wissenschaft und fördert die Ausbeutung von Nachwuchswissenschaftler*innen. Unter dieser Situation leiden Frauen besonders stark, da sie zusätzlich stärker durch Sorge-Arbeit belastet werden und immer noch oft zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen. Wissenschaftliche Laufbahnen müssen deshalb zuverlässiger werden, durch Befristungshöchstgrenzen ohne Tarifsperre, mehr unbefristete Stellen im Mittelbau und die Ausweitung von Tenure-Track Programmen. Der Ampel-Koalition ist es nicht gelungen, diese dringend benötigte Reform durchzuführen. Wir fordern deshalb von der neuen Bundesregierung, zügig das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu novellieren und weitere Maßnahmen für bessere Arbeit in der Wissenschaft zu ergreifen. 

                Einige dieser Maßnahmen sind bereits in Teilen der Wissenschaft und in Förderprogrammen umgesetzt worden, jedoch nicht in einem ausreichenden Ausmaß, um die Ungleichbehandlung in der Wissenschaft effektiv zu beenden. Finanzielle Mittel sollten im Rahmen bestehender Programme zur Förderung der Gleichstellung in der Wissenschaft bereitgestellt und bei Bedarf aufgestockt und erweitert werden. 

                Die politischen Entwicklungen in den USA, insbesondere unter dem Einfluss von Donald Trump und rechtsextremen Kräften, zeigen, wie schnell wissenschaftliche Freiheit, Gleichstellung und Förderung marginalisierter Gruppen unter Druck geraten können. Angriffe auf geschlechtergerechte Bildung, die Kürzung von Förderprogrammen für Diversität sowie die zunehmende politische Einflussnahme auf Wissenschaft und Hochschulen verdeutlichen, wie fragil Fortschritte sein können. Vor diesem Hintergrund wird Deutschland auch für Wissenschaftler*innen, die in den USA nicht mehr tätig sein wollen oder können, als Wissenschaftsstandort zunehmend bedeutender und attraktiver. Umso wichtiger ist es, dass wir in Deutschland konsequent und vorausschauend für Gleichstellung in der Wissenschaft eintreten – als Fundament einer freien, zukunftsorientierten und gerechten Wissenschaftslandschaft. 

                Der Matilda-Effekt stellt eine erhebliche Barriere für die Gleichstellung von Frauen in der Wissenschaft dar. Durch die Umsetzung der genannten Maßnahmen können wir dazu beitragen, die Sichtbarkeit und Anerkennung von Wissenschaftlerinnen zu erhöhen, geschlechtsspezifische Benachteiligungen abzubauen und ein gerechteres und innovativeres Wissenschaftssystem zu schaffen. 

                Empfehlung der Antragskommission:
                Annahme in der Fassung der AK
                Version der Antragskommission:

                Forderung anführen:

                Neue Fassung: Um den Matilda-Effekt (benannt nach der US-amerikanischen Frauenrechtlerin Matilda Joslyn Gage), zu bekämpfen und die Chancengleichheit in der Wissenschaft zu fördern, fordern wir von den Hochschulen, den Forschungsförder- und Wissenschaftsorganisationen sowie allen Drittmittelgebern, der niedersächsischen Landesregierung und der Bundesregierung: 

                 

                1. Transparente und geschlechtergerechte Bewertungsverfahren: Einführung standardisierter und transparenter Kriterien bei der Vergabe von Forschungsfördermitteln und Preisen, um geschlechtsspezifische Verzerrungen zu vermeiden. Drittmittelgeber*innen sollen geschlechtergerechte Förderkriterien implementieren. 
                2. Förderung von Wissenschaftlerinnen: Einrichtung weiterer spezieller Förderprogramme und Stipendien für Frauen in der Wissenschaft, insbesondere in den Übergangsphasen zwischen Promotion, Habilitation und Professur. 
                3. Mentoring- und Netzwerkprogramme: Aufbau von Mentoring-Programmen, die Nachwuchswissenschaftlerinnen mit erfahrenen Forscherinnen vernetzen, um den Austausch von Wissen und Erfahrungen zu fördern. 
                4. Sensibilisierung und Schulung: Durchführung regelmäßiger Schulungen und Workshops für Gutachter*innen, Entscheidungsträger*innen und wissenschaftliche Gremien zur Sensibilisierung für geschlechtsspezifische Vorurteile und deren Auswirkungen. 
                5. Datenerhebung und Monitoring: Systematische Erfassung und Veröffentlichung von Daten zur Geschlechterverteilung in verschiedenen wissenschaftlichen Karrierestufen und Disziplinen, um Fortschritte und Handlungsbedarf transparent zu machen. 
                6. Anerkennung und Sichtbarkeit: Aktive Förderung der Sichtbarkeit von Wissenschaftlerinnen durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit, inklusive der Hervorhebung ihrer Beiträge in Publikationen, Konferenzen und Medien. 
                7. Verbindliche Gleichstellungspläne: Verpflichtung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen zur Erstellung und Umsetzung konkreter Gleichstellungspläne mit klaren Zielvorgaben und Maßnahmen. 
                8. Bessere Arbeitsbedingungen und verlässliche Karrierewege in der Wissenschaft: Immer noch sind berufliche Wege in der Wissenschaft von langer Unsicherheit geprägt. Diese Unsicherheit verstärkt das Machtgefälle innerhalb der Wissenschaft und fördert die Ausbeutung von Nachwuchswissenschaftler*innen. Unter dieser Situation leiden Frauen besonders stark, da sie zusätzlich stärker durch Sorge-Arbeit belastet werden und immer noch oft zwischen Karriere und Familie entscheiden müssen. Wissenschaftliche Laufbahnen müssen deshalb zuverlässiger werden, durch Befristungshöchstgrenzen ohne Tarifsperre, mehr unbefristete Stellen im Mittelbau und die Ausweitung von Tenure-Track Programmen. Der Ampel-Koalition ist es nicht gelungen, diese dringend benötigte Reform durchzuführen. Wir fordern deshalb von der neuen Bundesregierung, zügig das Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu novellieren und weitere Maßnahmen für bessere Arbeit in der Wissenschaft zu ergreifen. 

                 

                Der restliche Antragstext wird in die Begründung überführt.

                Überweisungs-PDF: