GS-3 Keine Pauschalisierung bei Versorgung von Mutter und Kind 

  1. Die Vergütung von freiberuflichen Hebammen bei Wochenbettbesuchen soll angepasst werden, indem angefangene 15 Minuten mit einer vollen Zeiteinheit vergütet werden. Dies soll bis zu einem maximalen Zeitraum von drei Zeiteinheiten pro Besuch gelten. Ein zweiter Besuch am selben Tag ist nur in Notfällen möglich. 
  2. Die abrechenbare Anfahrtstrecke für freiberufliche Hebammen soll von derzeit 25 Kilometern auf 30 Kilometer erhöht werden. 
Begründung:

Freiberufliche Hebammen leisten während der Wochenbettbetreuung einen unverzichtbaren Beitrag zur Gesundheit von Mutter und Kind. Dennoch werden ihre Leistungen derzeit völlig unzureichend vergütet. Die Pauschalvergütung von 40 Euro brutto pro 20 Minuten ignoriert den tatsächlichen Betreuungsaufwand und zwingt viele Hebammen, Wochenbettbesuche einzuschränken oder gänzlich abzulehnen. Um die flächendeckende Versorgung sicherzustellen, braucht es dringend eine gerechtere Vergütung und eine angemessene Anfahrtsentschädigung.  

  1. Medizinische Nachsorge und Säuglingsbetreuung: 

Die ersten zwei Wochen nach der Entbindung sind für Mutter und Kind besonders kritisch. In dieser Zeit müssen Hebammen eine Vielzahl an Aufgaben übernehmen, die weit über eine rein medizinische Nachsorge hinausgehen. Dazu gehören:  

  • Überwachung und Versorgung von Geburtsverletzungen 
  • Kontrolle der Rückbildung der Gebärmutter 
  • regelmäßige Überprüfung der Vitalwerte des Kindes, darunter Hautfarbe, Temperatur, Atmung und Gewicht 
  • Hilfestellung beim Stillen, Wickeln, Baden und der allgemeinen Säuglingspflege 
  • Unterstützung der Eltern beim sicheren Halten und Versorgen ihres Kindes 
  • Aufklärung über mögliche Gefährdungen des Neugeborenen, etwa Überhitzung, plötzlicher Kindstod oder Dehydrierung 
  • Ernährungsberatung für die Mutter, insbesondere bei Stillproblemen oder besonderen Ernährungsbedürfnissen 

 

  • Aufklärung über den späteren Übergang zur Beikost und eine gesunde Ernährung des Kindes 

 

Diese Aufgaben sind nicht in einem starren 20Minuten-Zeitfenster abhandelbar. Jede Mutter, jedes Kind und jede Geburtssituation sind individuell – eine flexible, nach Zeit vergütete Betreuung ist daher essenziell.  

  1. Psychosoziale Betreuung und Krisensituationen: 

Neben der medizinischen Versorgung leisten Hebammen eine wichtige psychosoziale Betreuung. Sie sind oft die ersten Fachkräfte, die erkennen, wenn eine Mutter oder eine Familie mit der neuen Lebenssituation überfordert ist. Besonders bei Erstgebärenden, aber auch bei Müttern mit schwierigen sozialen oder wirtschaftlichen Hintergründen, ist diese Betreuung unerlässlich! Hebammen kümmern sich um:  

  • Annahme des Kindes: Nicht jede Mutter kann sofort eine enge emotionale Bindung zu ihrem Neugeborenen aufbauen. Gefühle von Unsicherheit, Überforderung oder sogar Ablehnung können auftreten. Hebammen helfen Müttern in diesem Prozess, indem sie Ängste abbauen, Unterstützung bieten und das Bonding zwischen Mutter und Kind fördern. 
  • Das Erkennen und Begleiten von Wochenbettdepressionen: Viele Frauen leiden in den ersten Wochen nach der Geburt durch die hormonelle Umstellung unter depressiven Verstimmungen bis hin zu schweren Wochenbettdepressionen. Unbehandelt kann dies langfristige psychische Erkrankungen nach sich ziehen und im schlimmsten Fall die Mutter-Kind-Bindung nachhaltig schädigen. Hebammen sind oft die ersten, die Symptome erkennen und rechtzeitig an Beratungsstellen oder medizinische Fachkräfte weiterverweisen. 
  • Krisensituationen in der Familie: In manchen Fällen zeigt sich bereits in den ersten Wochen nach der Geburt, dass familiäre oder wirtschaftliche Probleme die Versorgung des Kindes gefährden. Dazu gehören unter anderem: ○ Anzeichen häuslicher Gewalt, 

○ Hinweise auf Vernachlässigung des Kindes oder der Mutter,  

○ Überforderung in der Haushaltsführung oder Organisation des Alltags,  

○ Fehlende finanzielle Mittel zur Grundversorgung von Mutter und Kind. In solchen Fällen können Hebammen frühzeitig intervenieren und an entsprechende Hilfsangebote weitervermitteln.  

 

  • Unterstützung in behördlichen Angelegenheiten: Viele Mütter sind mit Anträgen für Kindergeld, Elterngeld oder andere Sozialleistungen überfordert. Hebammen helfen, diese bürokratischen Hürden zu bewältigen, um eine stabile Versorgung der Familie sicherzustellen. 

 

Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Hebamme und Mutter ist die Grundlage für eine erfolgreiche psychosoziale Betreuung nach der Entbindung. Doch diese Beziehung braucht Zeit – und die Vergütung der Krankenkasse deckt diesen Arbeitsaufwand neben der medizinischen Nachsorge und Säuglingsbetreuung nicht ab.

 

 

 

2.Unzureichende Vergütung gefährdet die Versorgung:  

Die aktuelle Vergütungssituation ist eine massive Benachteiligung der Hebammen. Die starre Abrechnung nach 20-Minuten-Pauschalen zu jeweils 40€ Brutto bedeutet, dass Hebammen entweder unbezahlte Mehrarbeit leisten oder notwendige Betreuungsleistungen kürzen müssen.  

Zudem sind die derzeitigen Kilometerpauschalen für Anfahrten nicht mehr zeitgemäß. Besonders im ländlichen Raum reicht die derzeitige Entschädigung für 25 Kilometer nicht aus, um die tatsächlichen Fahrtkosten angemessen zu decken. Die Situation führt dazu, dass viele Hebammen Hausbesuche in entlegenen Gebieten nicht mehr anbieten können – mit der Folge, dass Mütter und Neugeborene in diesen Regionen zunehmend unversorgt bleiben.  

Ohne eine bessere Vergütung werden immer mehr Hebammen gezwungen sein, ihre freiberufliche Tätigkeit aufzugeben – mit fatalen Folgen für Mütter und Neugeborene. Die Arbeit von Hebammen ist systemrelevant. Es ist höchste Zeit, sie angemessen zu honorieren.

Empfehlung der Antragskommission:
Annahme in der Fassung der AK
Version der Antragskommission:

Zusammenlegen mit GS-15 „Versorgung und Unterstützung von Frauen in Zeiten von Schwangerschaft und Geburt“

Alte Fassung:

  1. Die Vergütung von freiberuflichen Hebammen bei Wochenbettbesuchen soll angepasst werden, indem angefangene 15 Minuten mit einer vollen Zeiteinheit vergütet werden. Dies soll bis zu einem maximalen Zeitraum von drei Zeiteinheiten pro Besuch gelten. Ein zweiter Besuch am selben Tag ist nur in Notfällen möglich. 
  2. Die abrechenbare Anfahrtstrecke für freiberufliche Hebammen soll von derzeit 25 Kilometern auf 30 Kilometer erhöht werden. 

Neue Fassung: Die SPD-Bundestagsfraktion und SPD-Landtagsfraktion werden innerhalb ihrer Zuständigkeit auf Bundes- und Landesebene aufgefordert:

  1. Die Vergütung von freiberuflichen Hebammen bei Wochenbettbesuchen anzupassen, indem angefangene 15 Minuten mit einer vollen Zeiteinheit vergütet werden. Dies soll bis zu einem maximalen Zeitraum von drei Zeiteinheiten pro Besuch gelten. Ein zweiter Besuch am selben Tag ist nur in Notfällen möglich.
  1. Die abrechenbare Anfahrtstrecke für freiberufliche Hebammen soll von derzeit 25 Kilometern erhöht werden.
  1. Schwangere und junge Mütter besser zu versorgen und zu unterstützen.

 

 

Überweisungs-PDF: