I-6 Unser Blick auf die Welt: ein Aufschlag für eine progressive Friedens- und Entspannungspolitik

Status:
Erledigt

“Diese Welt zerfällt, überall Krisen oder Krieg- Die Bienen sterben, Terror in Brüssel und Paris”. Dieses Songzitat der linken Hip-Hop Band Antilopen Gang beschreibt die aktuelle Situation weltweit sehr gut. Die Welt verändert sich in einem rasanten Tempo. Die Chancen, die damit einhergehen, werden aber von einigen Herausforderungen und Konflikten begleitet.  

Um diesen Gegebenheiten adäquat begegnen zu können, muss die Politik neue Narrative in der Friedens- und Entspannungspolitik finden. Das Ziel einer jungsozialistischen Politik in diesem Bereich muss eine Erzählung von Solidarität und Gemeinschaft sein.  

Wir müssen das aktuelle System analysieren und seine Grenzen aufzeigen. Vor allem aufgrund des (Wieder) Erstarkens radikaler rechter Kräfte müssen wir eigene Analysen aufzeigen und der Panikmache dieser Kräfte etwas entgegensetzen. Die Bereiche der Friedens- und Entspannungspolitik spielen dabei eine entscheidende Rolle und durch ihre (Neu)Definierung können wir wichtige Narrative setzen und Veränderungen erzielen.  

 

Definition Friedens- und Entspannungspolitik 

Frieden bedeutet nicht nur die Abwesenheit (gewaltsamer) Konflikte, sondern auch die Klärung sozio-ökonomischer Konflikte. Friedenspolitik ist die Herstellung und Bewahrung der Möglichkeiten eines guten, selbstbestimmten Lebens für alle Menschen. Sie darf nicht durch eigennützige Interessen bestimmt sein, sondern muss global gedacht werden. Sie muss im Dienst der Menschenrechte und der Demokratie stehen und ist im besten Sinne ideologisch und parteiisch. 

Als Leitsatz hat die Friedenspolitik inne: Nie wieder Faschismus und nie wieder Krieg – und zwar in genau dieser Reihenfolge. 

 

Instrumente der Friedenspolitik 

Eine zentrale Frage im Rahmen des Themas der Friedenspolitik sind deren Instrumente. Welche Mittel werden eingesetzt und wie werden diese legitimiert? 

Dabei müssen vor allem zivile und militärische Ansätze unterschieden werden. Diplomatische Lösungsansätze haben dabei für uns immer Vorrang und militärische Interventionen sind nur als Ultima Ratio zu sehen und nur mit internationalem Mandat auszuführen. Außerdem müssen diese immer mit humanitären Maßnahmen einhergehen. Aus dieser Forderung ergibt sich die Notwendigkeit der Reformierung des Weltsicherheitsrates, da ein reines Einstimmigkeitsprinzip zu einer ungerechtfertigten Blockadepolitik führen kann. Deshalb fordern wir, dass ein System von Checks \& Balances eingeführt wird. So wäre beispielsweise die Einführung eines Zweikammern Systems sinnvoll, in der z.B. die zweite Kammer nötigenfalls mit einer 3⁄4 Mehrheit den Sicherheitsrat überstimmen kann. 

Für uns Sozialdemokrat*innen ist außerdem klar, dass wir vor allem die Zivilgesellschaft in Krisensituationen stärken müssen. Zum einen mit mehr Geld, aber auch mit mehr Personal. Auch müssen Begegnungsräume geschaffen werden, in denen sich die Menschen austauschen und Hilfe erfahren können. 

Aus diesen Forderungen ergibt sich, dass in Zukunft Entwicklungs- und Handelspolitik immer als Bestandteil der Friedenspolitik zu sehen sind, denn nur wenn diese Faktoren mitgedacht werden, kann ein dauerhafter Frieden entstehen. 

  • Diplomatische/ zivile Ansätze als erstes Instrument der Friedenspolitik
  • Militärische Interventionen als Ultima Ratio, nur mit internationalem Mandat, nur mit humanitären Maßnahmen
  • Reformierung des UN-Sicherheitsrats
  • Stärkung der Zivilgesellschaft
  • Entwicklungs- und Handelspolitik als Teil der Friedenspolitik verstehen 

 

Sanktionspolitik  

Auch der aktuelle Ansatz der Sanktionspolitik muss weiter ausdifferenziert werden. Oftmals treffen Sanktionen die Zivilbevölkerung, die das Aktuelle ihrer Regierung nicht verschulden und bei denen völliges Unverständnis hervorgerufen wird. Daher braucht es eine breite Auswahl an Sanktionsstrategien, die auf den jeweiligen konkreten Fall zugeschnitten werden können und gezielt die verantwortlichen Personenkreise treffen. Dieser Ansatz würde beispielsweise unterschiedliche Reaktionen auf konkrete Vertragsverstöße oder allgemeine Verstöße gegen das Völkerrecht bzw. auf aggressives außenpolitisches Handeln ermöglichen. 

So wäre bei internationalen Vertragsverletzungen beispielsweise die Einführung von Pfandsystemen eine gute diplomatische Lösung. Wenn internationale Verträge geschlossen werden, müssten dann z.B. alle Vertragspartner*innen ein Pfand hinterlegen oder sich darauf einigen, was passiert, wenn es zu einer Vertragsverletzung kommt. So könnte man das oftmals schwerwiegende Argument der willkürlichen Sanktionen beseitigen. Für uns bleiben Sanktionen in ihren verschiedenen Formen (gezielte und allgemeine, diplomatische, wirtschaftliche, finanzielle, militärische) wichtige Mittel einer wertebasierten, friedensorientierten Außenpolitik. Pauschale Kritik an Sanktionen, wie sie z.B. im Falle der Sanktionen gegen Russland wiederholt geäußert wird, weisen wir zurück. Sicher muss bei der Verhängung von Sanktionen vor unrealistischen Erwartungen gewarnt werden. Sanktionen alleine führen in der Regel nicht zum sofortigen Kurswechsel eines Regimes oder gar zur umfassenden Demokratisierung eines autoritären Regimes. Sie stellen jedoch eine sinnvolle Alternative zur Straflosigkeit einerseits und zum militärischen Eingreifen andererseits dar. Sanktionen schließen Verhandlungslösungen nicht aus. Im Gegenteil können sie solche Einigungen sogar begünstigen. Umgekehrt kann die Strategie einer Annäherung ohne Druckmittel zu einer Hinhaltetaktik der anderen Seite führen. Zudem geht es bei der Verhängung von Sanktionen darum, politische Grenzen zu markieren sowie eine abschreckende Wirkung auf andere Staaten zu entfalten. Um Sanktionen zielführend zu gestalten, müssen klare Kriterien zur Normalisierung der Beziehungen benannt werden, über deren Erfüllung verhandelt werden kann. 

  • Neue Ansätze der Sanktionspolitik finden 

 

Europäische Armee 

Wir Sozialdemokrat*innen müssen uns über die Rolle der Bundeswehr in der Zukunft klar werden. Bereits im Grundsatzprogramm der SPD aus dem Jahr 2007 tauchte der Begriff europäische Armee auf. Wir fordern, dass diese in einer demokratisch legitimierten und an das Parlament gebundenen europäischen Armee aufgeht, um die richtigen Weichen zu stellen und ein gemeinsames Bewusstsein über die anzugehenden Herausforderungen zu schaffen. 

Einer genauen Begriffsdefinition einer europäischen Armee bedarf es noch. Für uns klar erscheint, dass eine Duplizierung der Einrichtungen keinen Sinn ergibt und ein europäisches Kommando an die Stelle der nationalen Streitkräfte tritt. Es muss zu einer ständigen strukturierten Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verteidigungspolitik kommen. Das Sicherheitsverständnis muss gemeinsam definiert und verstanden werden “Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern”. Ressortübergreifende Ziele, Aufgaben und Handlungsfelder werden benötigt. 

Andere Ansätze können und müssen auf dem Weg zu einer gemeinsamen Verteidigungsunion diskutiert werden.   

  •  Beibehaltung des politischen Primats in den Streitkräften
  • gemeinsames Leitbild nach dem Prinzip der inneren Führung
  • Europa als Friedensprojekt
  • Sicherstellung zukunftsfähiger Industriepolitik
  • gemeinsame Standards (Ausstattung, Verhalten, Strukturen)
  • Weiterentwicklung des Prinzips der Beruflichkeit
  • Verhinderung von Dopplung von Strukturen und damit einhergehende Stärkung des europäischen Pfeilers in der NATO 

 

Rüstungsexporte 

Wir setzen uns dafür ein, dass die Parteispitze der SPD eine vernünftige Haltung gegenüber Waffenexporten einnimmt und diese Diktaturen von vornherein unterbindet. Der Export von Waffen in Kriegsgebiete muss an strenge Kriterien geknüpft werden, wie etwa die Selbstverteidigung gegen terroristische Regime und Organisationen wie den IS und die Hamas. Auf die Frage der Parteiführung, wie ein solches Vorhaben zu erreichen ist, antworten wir mit der klaren Aussage, dass diese Gebiete leicht zu definieren sind und ein Export in jene nach erfolgreicher Identifikation auf keinen Fall stattfinden darf. Darüber hinaus fordern wir eine Verstaatlichung der Rüstungsproduktion. Durch eine Verstaatlichung lässt sich die volle Kontrolle über die Produktion erreichen. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Rüstungsexporte nicht durch das marktwirtschaftliche Element von Angebot und Nachfrage diktiert werden und ein Export in Krisengebiete somit zu einem wirtschaftlich notwendigen Faktor für die Bundesrepublik wird. Darüber hinaus lässt sich nur so das Argument der Arbeitsplatzsicherung durch Waffenexporte und -produktion umgehen, da die Arbeitnehmer*innen dann Angestellte des Staates sind und als solche nicht ohne weiteres entlassen werden können. Weiterhin lässt sich nur durch eine Verstaatlichung der Rüstungsbetriebe der für uns entscheidende demokratische Grundsatz realisieren, der besagt, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt. 

 

Abrüstung 

Für uns ist eine Welt ohne ABC-Waffen das erklärte langfristige Ziel. Nur so lässt sich von einer nachhaltigen und erfolgreichen Friedenspolitik sprechen. Zur Umsetzung dieses globalen Zieles bedarf es einer gleichmäßigen und kontrollierten Abrüstung aller Staaten, die über ABC-Waffen verfügen. Diese Kontrollinstanz muss aus den Vereinten Nationen kommen. Eine reformierte UN muss die Bedingungen schaffen, um die Abrüstung der Staaten zu gewährleisten und partnerschaftlich zu überwachen. Die Kontrollmechanismen müssen hier klar und transparent ausgestaltet werden. Dabei müssen die einzelnen, abrüstenden Staaten als gleichwertige Partner behandelt werden. Nur so lässt sich eine nachhaltige Abrüstung im Rahmen einer modernisierten Friedenspolitik gewährleisten. Für eine dauerhaft nachhaltige Abrüstung ist es zudem wichtig, dass der Export und die Produktion sogenannter „Dual Use“ Güter in Kriegs- und Krisengebiete kontrolliert und im Zweifelsfall verhindert wird, um eine erneute Aufrüstung zu verhindern.

Empfehlung der Antragskommission:
Erledigt
Version der Antragskommission:

Erledigt durch Beschlussfassung des ordentlichen Bundesparteitages 2019.

Thematisch abgedeckt durch die Beschlüsse Ini 1, A 39, A 52.

Weiterleitung an die Kommission Internationale Politik (KIP) beim Parteivorstand