D-7 Hufeisen im Reitstall lassen

Status:
Annahme

Im Zuge verschiedener aktueller Ereignisse, beispielsweise nach dem Anschlag von Hanau, bei denen rechtsextreme Taten verübt wurden, geschieht ein wiederkehrendes Muster. Anstatt diese rechten Taten zu verurteilen und nach Ursachen und Lösungen für das Problem zu suchen, werden Debatten aufgemacht, die nach dem Motto “Jeder Extremist ist Mist” am eigentlichen Thema vorbeigehen. Dabei werden in diesen Diskussionen links- und rechtsextremes Gedankengut gleichgesetzt. Über nahezu alle Parteien hinweg schaffen Politiker*innen es nicht, diese Gewalttaten zu verurteilen, ohne gleichzeitig auch auf “die Gefahr von Links” hinzuweisen. 

Ein grober Irrtum. Wie schon das Känguru richtig erkannt hat: „Es gibt einen Unterschied. Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos anzünden ist schlimmer. Denn es hätte mein Auto sein können. Ausländer besitze ich keine.“ Was das Känguru beziehungsweise Marc-Uwe Kling hier polemisch ausdrückt ist, dass es einen Unterschied zwischen Links- und Rechtsextremismus gibt, der sich ideologisch manifestiert. Diese Unterscheidung wird von Vertreter*innen der sogenannten Extremismustheorie, auch Hufeisentheorie genannt, verleugnet. 

Weit verbreitet unter Verfechter*innen der Extremismustheorie ist die Annahme, beide “Ränder” stellten gleichermaßen eine Gefahr für unsere Demokratie dar. Es sind jedoch im Gegenteil oft gerade diese als “linksextremistisch” abgestempelten Gruppen und Initiativen, die die Werte unserer Demokratie und des Grundgesetzes schützen. Sie treten ein für Menschenwürde, Gleichberechtigung und gegen jegliche Diskriminierung. Sie retten Menschenleben auf dem Mittelmeer, unterstützen Geflüchtete vor Ort und stellen sich Nazis auf der Straße entgegen. Vielen linken Bewegungen geht es zudem sogar um mehr demokratische Mitbestimmung, wohingegen das Ziel von Rechtsextremist*innen die Zerstörung derselben ist. 

Doch nicht nur die verharmlosende Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus ist problematisch an dieser Theorie. Denn Teil dieser Darstellung sind nicht nur die “extremistischen Ränder”, sondern auch eine sogenannte “gemäßigte Mitte”. Was jedoch eine Partei oder politische Strömung zum Teil der “Mitte” macht, bleibt dabei relativ unkonkret. Es ist deshalb kein Zufall, dass sich rechte bis faschistische Parteien selbst zur bürgerlichen Mitte erklären und damit eine Verschiebung des ganzen politischen Diskurses bewirken. Zudem ignoriert die Theorie komplett die rassistischen und antisemitischen Tendenzen, die auch in der sogenannten “bürgerlichen Mitte” Anschluss finden. Auch hier findet wieder eine Verharmlosung statt, menschenfeindliche Einstellungen werden ignoriert. 

Mittlerweile ist die Extremismustheorie auch in der sozialwissenschaftlichen Forschung stark kritisiert und widerlegt worden. Dabei wird vor allem der Fokus auf die Vereinfachung und Eindimensionalität der Theorie gelegt. So betont Prof. Dr. Stöss, Politikprofessor an der FU Berlin, dass sich die politische Realität wie im Extremismus Konzept nicht auf einer einzigen Achse (Rechts – Mitte – Links) abbilden lasse und für die wissenschaftliche Analyse viel zu unterkomplex sei.  

Auch Prof. Dr. Salzborn, ebenfalls Politologe, lehnt die Extremismustheorie ab. Sie verharmlose den Rechtsextremismus. Eine dynamische, komplexere Theorie sei notwendig, um die Dimensionen richtig darstellen zu können.  

Viele Expert*innen halten die derzeit gängige Extremismustheorie für unterkomplex und falsch, trotzdem argumentieren Jusos und vor allem Parteistrukturen trotzdem noch immer mit ihr. Sie veröffentlichen Stellungnahmen, die diese unterstützen und handeln zum Teil aufgrund der Analysen dieser. Das muss endlich aufhören. Wir müssen endlich in der kompletten Partei mit all ihren Gliederungen am Puls der Wissenschaft ankommen und die Extremismustheorie ablehnen.  

Deshalb fordern wir: 

  • die SPD muss sich von der Extremismustheorie distanzieren 
  • keine öffentlichen Stellungnahmen, wie zum Beispiel Pressemitteilungen, die sich dieser Theorie bedienen 
  • klare Statements gegen Rechts, ohne die Einbeziehung von “Linksextremismus”, besonders wenn dieser mit dem aktuellen Vorfall nichts zu tun hat 
  • die SPD muss sich dafür einsetzen, dass die Extremismustheorie aus der politischen Analyse verdrängt wird und durch aktuelle wissenschaftliche Theorien ersetzt wird. Dazu gehört auch das Einsetzen für mehr Forschungsmittel.
  • bei Vorfällen, bei denen sich andere Parteien der Extremismustheorie bedienen, soll die SPD auf die Mängel dieser hinweisen.
    Empfehlung der Antragskommission:
    Annahme in der Fassung der AK
    Version der Antragskommission:

    Gegen eine scheinbare Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus

    Unter Verfechter*innen der Extremismustheorie ist die Annahme weit verbreitet, das beide “Ränder” gleichermaßen eine Gefahr für unsere Demokratie darstellte. Es sind jedoch im Gegenteil oft gerade als “linksextremistisch” abgestempelten Gruppen und Initiativen, die die Werte unserer Demokratie und des Grundgesetzes schützen. Sie treten ein für Menschenwürde, Gleichberechtigung und gegen jegliche Diskriminierung. Sie retten Menschenleben auf dem Mittelmeer, unterstützen Geflüchtete vor Ort und stellen sich Nazis auf der Straße entgegen. Vielen linken Bewegungen geht es zudem sogar um mehr demokratische Mitbestimmung, wohingegen das Ziel von Rechtsextremist*innen die Zerstörung derselben ist. 

    Wir fordern, dass: 

    • sich die SPD klar von der Extremismustheorie distanziert.
    • die SPD keine öffentlichen Stellungnahmen abgibt, die sich dieser Theorie bedienen, wie zum Beispiel Pressemitteilungen.
    • von der SPD klare Statements gegen Rechts – ohne die Einbeziehung von “Linksextremismus”, besonders wenn dieser mit einem aktuellen Vorfall nichts zu tun hat.
    • sich die SPD dafür einsetzt, dass die Extremismustheorie aus der politischen Analyse verdrängt wird und durch aktuelle wissenschaftliche Theorien ersetzt wird. Dazu gehört auch das Einsetzen für mehr Forschungsmittel.
    • dass die SPD bei Vorfällen, bei denen sich andere Parteien der Extremismustheorie bedienen, auf die Mängel dieser Theorie hinweist.

    Adressat:

    Bundesparteitag

    Beschluss: Gegen eine scheinbare Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremismus
    Text des Beschlusses:

    Unter Verfechter*innen der Extremismustheorie ist die Annahme weit verbreitet, das beide “Ränder” gleichermaßen eine Gefahr für unsere Demokratie darstellte. Es sind jedoch im Gegenteil oft gerade als “linksextremistisch” abgestempelten Gruppen und Initiativen, die die Werte unserer Demokratie und des Grundgesetzes schützen. Sie treten ein für Menschenwürde, Gleichberechtigung und gegen jegliche Diskriminierung. Sie retten Menschenleben auf dem Mittelmeer, unterstützen Geflüchtete vor Ort und stellen sich Nazis auf der Straße entgegen. Vielen linken Bewegungen geht es zudem sogar um mehr demokratische Mitbestimmung, wohingegen das Ziel von Rechtsextremist*innen die Zerstörung derselben ist. 

    Wir fordern, dass: 

    • sich die SPD klar von der Extremismustheorie distanziert.
    • die SPD keine öffentlichen Stellungnahmen abgibt, die sich dieser Theorie bedienen, wie zum Beispiel Pressemitteilungen.
    • von der SPD klare Statements gegen Rechts – ohne die Einbeziehung von “Linksextremismus”, besonders wenn dieser mit einem aktuellen Vorfall nichts zu tun hat.
    • sich die SPD dafür einsetzt, dass die Extremismustheorie aus der politischen Analyse verdrängt wird und durch aktuelle wissenschaftliche Theorien ersetzt wird. Dazu gehört auch das Einsetzen für mehr Forschungsmittel.
    • dass die SPD bei Vorfällen, bei denen sich andere Parteien der Extremismustheorie bedienen, auf die Mängel dieser Theorie hinweist.
    Beschluss-PDF:
    Überweisungs-PDF: